Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)

Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Budapest

14 Budapest. oder anderswo raist, und ein merklich zeit aus dem land ist, so er den Haim kurnet zu Lande, und der Stat zunahent. Man und weib, jung und alt, mit sampt der priesterschafft von allen Kirchen und Klöstern erbarlich gezirret ynn einer process mit fanén und mit Hailthumb und mit prynnender Kér­őén im hingegen gen, Und der Statriehter mit den samptlichenrichtern und mit andern erwirdigen Stat- leutten, dy das vermögen, sulién im entgegen raittn, und sulién yn wirdigklichen emphalien, und sulién in dann uncz in die festen pelaitt’n. Do soll dann der Statriehter diemüttigklich Urlaub von im nemen, und sol mit sampt den Statfolk zu haus gen, und all die weil sol man in allen kirchen und klöstern leul’n mit allen glogken. Von der Kunigin Schwängerung und irer gepurdt. Wan das geschiecht, das ein Kunigin Schwanger wirt, oder ein kindt gepettt, so man das der Stat verkündet, so sol man di pot’n erbarlich emphahen,und mit zierlicher gab pegaben, auch sol man den pot’n mit ganzen Vleis dangken erbar umb frölicher potschafft. Von Erwelung einesPfarhers. Der Statschreiber und der Rat haben volle macht und freyt umb mit wissen und willen der gemain, dy darczu gehören, zuerwellen und zu erkiesen eynen pfarrer. Ob gott mit dem todt oder anders dy Kyr- chen auffsagt, Und wen sie denselbigen pfarrer also erwelt haben, so sulién sie in dem Erzbischoff zu Gran oder seinem Vicario antworten, das er in pe- stetigt, als der kirchen recht ist. Von des Richters und Rathern irer amptaufsgung nach Jar frist. Mit Jar frist am Sant Jorgen tag alsbald und das hochampt in der Kirche zu unser Fraun voll­bracht wird, so sulién der Richter, dy Rathern, der vergangenen jars, und der Statschreiber, und dy anz gemain arm, und reich als den gepürdt, vor em Rathaus auf dem plaz zusammen kummen. Do sol der Richter vor sych selber, und der geltrich­ter oder ein deutscher geschworn purger auch vor sich selber, und für die andern, und der Statschrei­ber für sich selber, jegliches sein ampt aufsag’n, nach ausweisung der gulden bull und brieflicher hantfesten. Auch der Richter wird von der Stadt selbst ge­wählt. „Der Kunig sol in nicht sezen ein Rich­ter, sunder sy sulién haben frey Wylkor aus in selber einen Richter zu erkiesen und zu sezen, wer einer gemain dazu wolgefelt“. Was die Qualifikation des Richters anbelangt, so heißt es von ihm : „der sol sein ein Deutscher Man von allen seinen vier annen, und sol ge­sessen sain in dem Rat bei sechs Jaren.“ Von den Rathherren mußten 10 der deutschen und 2 der ungarischen Nation angehören, und sogar der Stat­schreiber mußte „sein von deutscher art und gepurdt von allen seinen geschlächte.“ Diese Bevorzugung des deutschen Elementes m der Haupt­stadt Ungarns rührt vorzugsweise daher, weil es die Ungarn von jeher nicht liebten, sich in den Städten nieder zu lassen, sie ward besonders durch die Fürsten aus dem Hause Anjou geübt, denn unter den frühe­ren Königen war der Richter abwechselnd ein Ungar und ein Deutscher; übrigens hatte die immer mehr um sich greifende Zurücksetzung der ungarischen Bür­gerschaft blutige Auftritte zu Folge auf die wir spä­ter zurückkommen werden. Aus dem „Rechtsbuche' heben wir noch Folgendes hervor : Wie der Richter sweren soll. Ich swere am ayd yot dem allmechtigen , und unserin gnedigen herrn dem Kunig N., Kunig zu Ungarn, unser gnedige frawen der Kunigin N. zu Ungarn, und der hailigen Krön zu Ungarn, und allen vier trewen landhern und der Stat zu 0 f’n deutschen und Ungern arm und raich, getrew zu sein und ein rechtes Recht zu halten, und wil das lassen widderfaren dem armen als dem raichen, dem kün­den als dem frömbden, nach meinen gueten ge­wissen uud Vermögen , als mir das got gibt zu erkennen, und der Stat nutz zu erwerben, und den Schaden zu pewaren, das recht zu fuedern, und das unrecht nicht zu fuedern und zukrengken. Und wil der Stat und Rat haimbligkeit verswign pehalt’n, und des nicht lassen wil , weder umb lieb , noch umb laidt, noch um neidt noch umb hasz, noch umb fordít, noch umb freundschaft , noch umb gunst noch umb gab, noch umb keinerlay sacb, damit ich diesen meinen aydt mocht vermailig’n also hilf mir gott und des hailig ewangelium. Von den freyen thochtern und glei­chen desz, Dy freyen tochter sein ein armes pe- trübtes und verzagtes gesinde, Nach sol man sy pehütten vor gewalt, und vor Unrecht, Dy armen und dürftigen sulién ein gelbes fechil zum minsteu einer hantpreytt tragen auf ihren hauptüchern. Und wen man sy findet on dasselb zaiclis, so mag dersel- bige Scherigmaister von in als off’r nemen VI pfennig. Die Stadt hatte ferner das Recht zwei Märktewö­chentlich zu halten. Mittwoch vor der Frauenkirche bei den Deutschen und Sonnabend vor der Maria Mag- dalenenkirche auf dem heutigen Paradeplatze für dieUn- garn. Wer die Geheimnisse des Rats verrieth, verlor seine Zunge. Zu einer Hochzeit dursten nur 12 Gäste geladen werden, wer mehr Personen rief, mußte für. jede 10 Marken zahlen. Die Juden mußten rothe Mäntel mit einem gelben Flecke tragen, doch haben die Könige mehrere Juden von dieser aufgedrunge­nen Tracht ausgenommen. Der erwähnte Zwiespalt zwischen Ungarn und Deutschen brach während der kurzen Regierung A l- b e r t s des Nachfolgers Sigismunds aus, und hatte folgende Veranlassung: Ein ungarischer Bürger Namens Johan Ötves der für die verletzten Rechte seiner Stammesgenoßen und besonders für den früher üblich gewesenen Wechsel im Richteramte zwischen Un­garn und Deutschen eintrat, hatte dadurch den Haß der mächtigeren deutschen Bürgerschaft auf sich gezo­gen. Eine große Aufregung ergriff die Magyaren Ofens, als Ötves eines Tages plötzlich verschwand und die Aufregung erreichte ihren Höhepunkt als acht Tage später der mit Wunden bedeckte Leichnam des Vermißten in der Donau aufgefunden ward. Die Ungarn betrachteten den Ermordeten als ein Opfer des Stammeshasses, griffen zu den Waffen, stürzten

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