Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)
Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Budapest
Justiz. — Kriegswesen. 9 f) Kriegswesen. Militaria. Zu dem neuen H e e r e s e r g ä n- zungsgesetz vom 29. September 1858 ertheilte eine Allerhöchste Entschließung vom 15. December den zur Entscheidung über B e f r e i u n g s t i t e l berufenen Kommissionen die Weisung, mit aller billigen Berücksichtigung der Familienverhältnisse insbesondere dann vorzugehen , wenn es sich in der That um einzige Söhne, und nicht um die ihnen gleichgehaltenen Stellungspflichtigen handle. Dieselbe Allerhöchste Entschließung ließ für Lombardo-Venetian und für U n- g arn nebst dessen Nebenländern eine besondere Berücksichtigung des, in diesen Kronländern bisher v e r- ehelichten Stallungspflichtigen zustehenden BeisreiungStitels zu : so daß dieselben auch dann frei bleiben, wenn sie, ohne schon in der dritten Altersklasse zu stehen, nach vollendetem 22. Lebensjahre geheirathet haben, falls nur die Ehe vor dem 1. November 1858, dem Tage wo das neue Gesetz in Wirksamkeit trat, abgeschlossen ward — vor-' ausgesetzt natürlich, daß sie zur Erhaltnrg der Gattin oder der Kinder zu Hause unentbehrlich sind. Verordnung vom 24. April über die Beste l- l u n g des z u r A n s r ü st n n g der A r m e e erforderlichen Bedarfes an Zugpferden. Der durch Einkäufe nicht gedeckte Bedarf an Zugpferden wird auf die einzelnen Kronländer, im Verhältnisse zu deren Pferdebestande, und in den einzelnen Kronländern auf die Remontirungs- bezirke aufgetheilt. Der Remontirungsbezirk hastet für die rechtzeitige Abstellung der ihm anrepa- rtirten Pferde. Das Militärärar vergütet den ausgeschriebenen Remontirungs-Preis. Die etwaige Differenz der Ankaufs- und Remontepreise zahlt der Remontirungsbezirk. Die Allerhöchst genehmigten Grundsätze über die Errichtung von F r e i c o r p s im Königreiche Ungarn wurde durch Se. kais. Hol), den Durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Albrecht Generalgouverneur unter dem Datum des 2. Mai von Ofen aus publicirt. Danach werden die Freicorps im Wege der freien Werbung und lediglich auf die Kriegsdaner formirt. Budapest. Eine historische Skizze. I. Pest und Ofen bis zur Schlacht von Mohács. Die Geschichte dieser beiden Städte, die im Al- terthume denselben Namen geführt und topographisch wie politisch zu einander gehörten, ist schwer gesondert zu erzählen. Beide Städte durchlebten zwar abwechselnd die Tage ihres Glanzes, aber nichtsdestoweniger war die Kette ihrer lokalen Erlebnisse innig verschlungen, und jedes Mißgeschick, das sich auf die Ebene von Pest niederließ fand seinen Wiederhall in dem Hügelkranze von Ofen. Es ist schwer über die erste Gründung von Pest verläßliches zu sagen. Sie dürfte indeß in die Zeit der Römerherrschaft fallen. Ein großer Theil des heutigen Ungarns war diesem Eroberervolke unterworfen, und an der Stelle wo jetzt Altofen steht, erhob sich die berühmte Stadt Aquincum (Wasserstadt) *) die 200,000 Einwohner gezählt haben soll. Sie war der Standort der 2. Legion und einer Dalmatinischen Reiterabtheilung, und hatte eben so wie das gegenüberliegende Tvansaquincum **) die Aufgabe den Römern die *) Da auch Baden bet Wien von den Römern Aquincum genannt ward, so ist es wahrscheinlich daß diese Benennung von den heißen Quellen herrührt. **) Transaquincum war nicht so sehr eine Stadt als eine Reihe von Forts. im I. 8 n. Chr. Geburt vollendete Unterjochung Pa- nonien'g zu sichern. Mehrere Ziegel und Denksteine mit der Inschrift Légió II. A. P. F. (Légió II. Adjutrix Pia iidelis) so wie die im I. 1812 in der Nähe der Teufelsmühle auf dem Grunde des Pester Bürgers Johann Gottersdorffer aufgefundenen Spuren der einstigen Befestigungen von Transaquincum sind Wahrzeichen der römischen Herrschaft. Hingegen gehört es in das Gebieth der Sage, daß der Hunnenkönig Attilla das mit der Herrschaft der Römer zerstörte Aquincum wieder aufgcbaut haben soll, weshalb die Stadt von den Ungarn nach dem Bruder Atilla'^ Budavár und von den Deutschen nach dem Hunnenkönig, der in der Nibelungensage den Namen Etzel führt, Etzelburg genannt werde. Andere wollen Buda von Bad, und wieder andere von dem slavischen Voda (Wasser) ableiten. Ebenso verwirrt sind die Angaben in Bezug auf den deutschen Namen Ofen. Ofen soll eigentlich die Ueberse- tzung des slavischen Wortes Pest sein. Es haben nemlich, wie wir schon im Eingänge bemerkten, die beiden nun getrennten Städte zu einander gehört, Ofen war eine Colonie von Pest, und es ward deßhalb die Stadt am linken Ufer Alt- oder Groß-