Pester Lloyd-Kalender 1859 (Pest)

Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1859 - Nekrologie

Nekrologie. 85 nach Amerika aus: unglücklich in seinen Ansied­lungsplänen , starb er auf dem Rückwege nach der Schweiz Mitte November 1858 bald nach seiner Landung in England. Miesbach, Alois, geboren 1791 in Mähren, zeichnete sich frühzeitig durch gründliche Studien auf dem praktisch-ökonomischen und industriellen Gebiete aus; übernahm 1819 die Ziegelei in Maidling bei Wien und kaufte 1829 die Herrschaft JnzerSdorf am Wienerberge, deren Ziegelei damals drei Brennöfen beschäftigte und jährlich 1% Mill. Ziegel lieferte. Rach und nach erwarb Miesbach 30 Bergwerke, eine Terracottafabrik und 9 Ziegelwerke mit 4743 Arbei­tern. Aus den Ziegeleien gehen im Jahre 117 Vs Mill. Ziegel tut Werthe von 2 Mill. fl. hervor. Die Terracottafabrik beschäftigt 90 Arbeiter. Aus den 30 Bergwerken in Ober- u. Niederösterreich, Steier­mark, Mähren und Ungarn werden im Jahre durch­schnittlich 2000 Ctr. Alaun und 4 Mill. Ctr. Stein­kohlen zu Tage gefördert. Die darin angestellten 2310 Arbeiter führen jährlich für 2 Mill. fl. Pro­dukte aus dem Schoße der Erde an's Licht. Auf den Ausstellungen von Wien, London, Amsterdam, Mün­chen und Paris erhielten Miesbach's Erzeugnisse al­lenthalben Preise ersten Ranges und erwarben ihm selber den Orden der Ehrenlegion. Der Steinkoh­lenbergbau ist durch ihn gewissermaßen in Oesterreich, Steiermark, Mähren und Ungarn erst in rationeller Weise, und mit Zuhilfnahme der neuesten Erfindun­gen aufdiesem Gebiete begeündet worden: und seine Terracottawaareu liefen durch den künstlerischen Geschmack, der sich in ihnen zeigt, allen andern der­maßen den Rang ab, daß von den 600,000 fl., welche die gesammte Tarracottaerzeugung in Oesterreich ab­wirft, volle fünfSechstel auf die Miesbach'sche Fabrik entfallen. Für das Wohl seiner Arbeiter sorgte er durch Anlegung von Arbeiterkolonien, Spitälern, Schulen, Kirchen, Kleinkinderbewahranstalten, durch Vertheilung von Lebensmitteln an sie zum Engros- Einkaufspreise und durch ähnliche Maßregeln wie ein Vater. Der Tod raffte ihn am 3. Oktober 1857 zu Baden bei Wien dahin. Mirza, Mehemed, der zwölfjährige Sohn und designirte Thronfolger des Schah Nasireddin von Persien, starb am 7. Juli in Teheran, wodurch die Aussichten eines anderen, früher nach Bagdad ver­bannten und von England beschützten Prinzen stiegen. Müller,Dr.Joh.,geb.zuKoblenz am!4.Julil801, preußischer geheimer Medicinalrath, erster Physiolog Europa's, Professor an der Berliner Universität, Di­rektor des anatomischen Museums, Mitglied der Aka­demie der Wissenschaften, als Lehrer wie als Schrift­steller gleich berühmt, verschied am 28. April in Folge eines Schlaganfalles. Nemours, VictoriaAugustaAntoinette Herzogin von, Tochter des verstorbenen Herz.Ferdinand v. Sach­sen-Koburg-Gotha, geb. am 14. Febr. 1822,seit 1840 mit dem Herzoge von Nemours, dem zweiten Sohne Louis Philippes vermählt, pflegte seit 1848 mit ihrer Familie in England zu verweilen, wo sie am 10. November 1857, am zehnten Tag nach ihrer Entbin­dung von einer Prinzessin, so plötzlich starb, daß ihre in demselben Hause wohnenden und schleunigst her­beigerufenen Verwandten, darunter ihr Gemahl und ihre Schwiegermutter die Königin Marie Amalie, zu spät am Krankenbette erschienen. So jäh und uner­wartet ereilte sie der Tod beim Haarmachen, daß sie nur noch ihrer Wärterin zuflüstern konnte: „mir wird unwohl!" In dem nemlichen Momente war sie auch bereits verschieden. Das Accouchement war so glück­lich vorüborgegangen, daß der Arzt ihr schon erlaubt hatte, am nächstfolgenden Tage auszugehen. Orleans, Helene Louise Elisabeth, Herzogin von, war die jüngere Tochter des Erbgroßherzogs von Meklenburg-Schwerin und einer Prinzessin von Sach­sen-Weimar. Sie ward am 24. Januar 1814 gebo­ren und wurde mit großer Sorgfalt auf dem groß­herzoglichen Schlosse Ludwigslust erzogen. Ihre Ver­mählung mit dem Herzoge von Orleans, dem Kron­prinzen von Frankreich, wurde am 18. Juli 1837 im Palaste von Fontainebleau in der prachtvollen Gallerte Heinrichs II. gefeiert. Nachdem sie zwei Söhne, den Grafen von Paris und den Herzog von Chartres, geboren, traf sie der plötzliche Tod ihres Gatten, den am 13. Juli 1842 ein Sprung aus dem Wagen töd- tete. Die Herzogin ertrug ihren Verlust mit helden- müthiger Entsagung und lebte seitdem in stiller Zu- rükgezogenheit. Sie widmete sich fast ausschließlich der Erziehung ihrer Kinder und erschien selten bei Hoffestlichkeiten. Als am 24. Februar 1848 die Re­volution ausbrach, war die Herzogin mit ihren Söhnen gerade bei Louis Philippe in Paris. Als der König der Krone entsagte, ernannte er die Herzogin zur Vormünderin ihrer Kinder und zur Regentin des Landes; doch gab sie sich vergebliche Mühe, die Anerkennung des Grafen von Paris in der Eigen­schaft eines Königs der Franzosen zu erlangen, indem sie, ihre Söhne an der Hand, in die Deputir- tenkammer eilte. Nach diesem fehlgeschlagenen Versuche und nach vielen Strapazen flüchteten die Herzogin und ihre Söhne in Begleitung des Marquis de Mor- nay, Schwiegersohnes des Marschalls Soult und treuen Anhängers der Orleans, nach Belgien. Seit dieser Katastrophe haben die Herzogin und ihre Kinder hauptsächlich in ihrem traulichen Exil zu Eisenach gelebt, oder die Glieder der entthronten französischen Königsfamilie in England besucht. Seit dem Ende des Sommers von 1857 hilt sich die Herzogin in Camborne-House, dem schönen Landsitze William Paynters in Richmond auf, wo sie, tief und allge­mein betrauert, am 18. Mai der Grippe erlag. Die Beisetzung der sterblichen Ueberreste der Herzogin er­folgte am 22. zu Weybridge in Surrey in derselben

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