Pesther und Ofner Wegweiser Kalender 1838
Pesther und Ofner Wegweiser Kalender 1838. - Kalender
31 Raschid nahm einen Säbel zur Hand und sprach: „Großer Ca di! mit diesem Säbel will ich dir jetzt den K opf herunter hauen, und, sodann werde ich augenblicklich dich wieder lebendig machen. Ist dir die Probe meiner Wunderkraft genug?" — Der erschrokene Cadi ließ es aber nicht darauf ankommen, sondern cntgegnete Allah sey gelobt; ich sehe, du bist ein Prophet, was aber den Beweis anlangt, so — schenke ich dir das Wunderwerk!" 8 Reu und Wahr. In Lessingö Gegenwart wurde ein neuerschienenes Buch auserordentlich gelobt. „ Ich bin auch der Meinung, daß dieses Buch, sehr viel Wahres und Neues enthält," sagte Lessing, „allein es ist nur Schate, daß das Wahre darinn nicht neu, und das Neue nicht wahr ift./# 9. Guter Rath ist oft t h e u e r. Aron Herz war schon hoch in den Jahren, und hatte sechs kleine Kinder, als ihm seyn Weib starb. Die Freunde redeten ihm zu, er solle heirathen, ja — er müsse heirathen , der unversorgten Kinder wegen. — „Jech waaö" erwiederte Aron „das jech nute heirathen, aber jech frog: was ferne Frau soll jech nehmen?—heirath jech ane junge, so werd je mich betarkeln,— heirath jech eine allte, so muß jech se betarkeln; wai nt er, — waas jech mir nicht zu helfen, epeö was für ane jech füll heirathen? 10. Frag und Antwort. Frau von B. hatteeine hübsche Tochter, folglich war es kein Wunder, daß viele junge Männer Zutritt in ihrem Hause suchten. Ein junger schmucker Offizir fand besonders viel Gefallen an dem geselligen Leben dort, und kam deßhalb fast täglich in Vi- fitte, — „Mein Herr, sprach einst die Frau vom Hause zu ihm, „Ihre Gegenwart ist mir zwar sehr angenehm, aber — ich muß Sie als Mutter fragen: Haben Sie Heiraths- absichten auf meine Tochter, oder kommen in mein Haus nur—wegen etwas Andern?" — „Wegen etwas Andern minderte ganz verblüfft Der Gefragte. 11. Complimente. Der Herzog von Avignon fühlte sich äußerst schwach und matt, und konnte sich kaum in seinem Lehnstuhl aufrecht erhalten, als eine Dame zum Besuch kam. „Verzeihen Sie, Madame, wenn ich vor Ihnen etwas Gesichter zuschneiden anfangen sollte," stammelte der Todkranke, „denn mein Arzt hatt mir so eben gesagt, daß der Todeskampf eintreten würde." — „O ich bitte," schluchzte die Dame, — „O ich bitte, geniren Sie sich nicht im Mindesten?" 12 D i e n stz e u g n iß. Ich Endesunterzeihueter fühle mich verpflichtet, Dieß Dieuftzeugniß der Wahrheit gen äß - auszustellen : Jeremias Stoppelzieher hat mir als Jäger durch fünf Jahre mit seltener Treue gedient; denn — ich ertappte ihn häufig auf Bctrügereyen. Er war fleißig — int Faulenzen , und sehr ordentlich - hatte er täglich seinen Habemus. — Aus Arbeitsamkeit — machte er sein letztes Hemde zu Geld, und verwendete es aus Nächsten- liebe - zur Unterstützung seines eigenen Durstes. In seinem Benehmen sehr gefällig — benahm er sich zurvor- kommend sowohl gegen Wein, Bier, als auch den ordinären Schnaps; und stets dienstfertig — war er immer zu jedem Saufgelage gleich bereit. — In seinem Thun und Lassen äußerst erackt. —trug er jeden Kreutzer in die Schenke: auch war er nie ein Herumschwärmer— wenn er vor Rausch nicht stehen konnte. Obgleich er die Jägerey vortrefflich versteht, so hat er doch um allen Unglücksfällen auszuweichen, stets friedlich nur alles — durch die Gurgel gejagt; übrigens war er verschwiegen, denn nie hat er selbst feine Schelmereyen ausgeplaudert; und was die Wirthschaftlichkeit anbelangt, so hat er sich immer Mühe gegeben, mir fleißig alles zu verwirtschaften; kurz mit einen Worte; Ich empflehle obgenannten Jeremias Sro- pelzieher einem Jeden! mit der Versicherung: daß Jedermann gewiß recht ordentlich, von ihm bedient werden wird. N. N. 13. Der vergeßliche Mediziner. Bey einer öffentlichen Prüfung wurde ein angehender Mediziner über Verschiedenes befragt, allein — er blieb stumm. Endlicb ward ihm die Frage vorgelegt: „Wodurch ensteht wohl die Cholera morbus, und durch welche Mittel dürfte ste am sichersten zu heilen seyn ?" — „Die Ursache der Entstehung, und die Mittel dagegen,"—stotterte er—„das Hab ich alles auf Ehre gewußt; aber—für den Augenblick Hab ich's rein vergessen."—„Ey, ey" rief der Professor lächelnd, — „trachten Sie doch , sich wieder daran zu erinnern,— Sie könnten damit der ganzen medizinischen Fakultät eine große Gefälligkeit erweisen." 14. Essen und Sticheln. Hanns Jürgel besuchte Nachbar Steffeln, als dieser eben zu Mittag aß. „Wollk, Jhr mithalten, so langt zu!" rief ihm Steffel entgegen. „Danke, habe schon gegessen, aber —ein Bissel sticheln will ich wohl noch!" HannS Jürgel ging zum Tisch, und stichelte so tapfer drauf los, daß die gehäufte Schüssel im Nu ganz leer war. - Steffel hatte lange verdrießlich dem Dinge zugesehen, jetzt aber riß ihm endlich die Geduld , und sauer lächelnd sprach er, ihn freundlich auf die Schulter klopfend: „Wißt ihr was, lieber Herr Nachbar, ein anders Mahl eßt bey mir, und stichelt lieber daheim " -- -