Folia archeologica 18.

Gizella Cenner-Wilhelmb: Der Augsburger Kupferstecher Dominicus Custos und Ungarn

232 G. CENNER - WILHELMB des Erzherzogs Matthias annehmen. Seine Erlebnisse hielt er in der flächen­haften Sehensart seiner geübten Kunstgattung fest. Neben der Frage, ob Ruda wirklich nach persönlichen Eindrücken arbeitete, müsste auch die etwaige selbst­ständige Beteiligung von Custos an der künstlerischen Gestaltung der Radierung erörtert werden. Die Klärung der Probleme wird durch das Vorhandensein einer Radierung mit dem Namenszeichen von Hans Ruda und ohne Angabe des Radierers noch erschwert. Bei größter Ähnlichkeit der stilistischen Merk­male ist die topografische Schilderung der Gegend, hauptsächlich bei den Fest­ungsgebäuden sehr verschieden. 2 7 Die deutsche Fachliteratur des vergangenen Jahrhunderts hat die Deutung des Namenszeichens nicht versucht, und wies das Werk einem grafischen Künstler deutscher Abstammung mit Ortskenntnissen zu. 2 8 Will der Ausdruck „excudit" in der Signatur des früher erwähnten Blattes bedeuten, daß er bei den Zeichnungen des ungarischen Dilettanten nur die Aufgabe des Verlegers erfüllte? In diesem Falle müßte Ruda seine Entwürfe selbst auf die Kupferplatte übertragen, was schwer anzunehmen ist. Die Lösung der Frage, ob die Zeichnungen an Ort und Stelle entstanden seien, weist uns auch deren Wege zu Custos. Wenn Ruda bei der Belagerung zugegen war, so könnten die Darstellungen durch die Umgebung von Karl von Burgau, dem Sohne Erzherzog Ferdinands, zum Künstler gelangt sein. Die Unterschiede zwischen beiden Zeichnungen lassen dies bezweifeln. Eine andere Vermutung scheint der Wahrheit näher zu stehen, und zwar, daß der erste Entwurf aus dem Gedächtnis, oder mit Hilfe von Beschreibungen in Prag verfertigt wurde. Die zweite Fassung der Darstellung hatte Ruda nach Angaben der dort kämpfenden Armee modifiziert. Custos selbst gehörte zum Hofstaat eines Erzherzogs, besaß allenthalben die Möglichkeit zum Erwerben interessanter Entwürfe aus dem kaiserlichen Hofe. Von seinen persönlichen Beziehungen zu Johannes Ruda zeugt das später vorzuführende, radierte Bildnis, das von einem gefühlvollen, lateinischen Gedicht begleitet ist. Im Jahre 1595 versuchte das kaiserliche Heer wieder die Belagerung von Esztergom, diesmal aber besser vorbereitet. In der Kriegsführung wurde dem Schwiegersohn Marx Fuggers, Nikolaus Pálffy, der persönliche Beziehungen zu Augsburg besaß, eine wichtige Rolle zuteil. Markgraf Karl von Burgau ver­suchte schon zum zweiten Mal sein Waffenglück gegen die Türken. Der Kreis Schwaben, dem auch Augsburg angehörte, und das angrenzende Herzogtum Bayern sandten bedeutende Truppen. Custos gab ein umfangreiches und den obenerwähnten Darstellungen um vieles lebhafter gestaltetes Blatt aus. 2 9 Die Radierung ist Matthias Thalmann, dem Stadtrichter von Augsburg gewidmet um dem Stolz des Kreises Schwaben Ausdruck zu geben. Sie boten nämlich noch mehr, wie im vergangenen Jahre zur Reichshilfe an, 3 0 und sandten auch 2 7 Ungarische Historische Bildergalerie (im weiteren: Ung. Hist. В. gal.) Inv. п.: 8397. T. — Ung. Nat. Bibi. Sz. Kupferstichsamml. — Apponyi Nr. 565. — Radierung, 21,2X32,6 cm. — Literatur: Drugulin, W. E., op. cit. Nr. 897. ; Lepold A., op. cit. 14. Nr. 6. 2 8 Nagler, G., Die Monogrammisten. III. (München 1863) Nr. 1402. 2 9 Ung. Nat. Bibi. Sz. Kupferstichsamml. —Apponyi Nr. 611. — Ung. Hist. В. gal. Inv. п.: 5515. T. (Stark beschnitten, ohne Inschrift) — Radierung, Bildmassen: 41,5x35,3 cm. — Literatur: Lepold A., op. cit. 16—17. Nr. 16. ; Hollstein , F. W. H., German Engravings, Etchings and Woodcuts. Ca 1400—1700. (Amsterdam о. J.) 182. Nr. 54. — Abgebildet in bercsényi D. — Zolnav L ., Esztergom. (Bp. 1956) 30. 3 0 Müller, J., op. cit. 265.

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