Folia archeologica 17.
Sándor Soproni: Der Stempel der legio XIV gemina in Brigetio
DER STEMPEL DER LEGIO XIV GEMINA IN BRIGETIO Im Jahre 1962 wurde aus dem Gelände des Legionslagers von Brigetio beim Bau der Ölwerke, anlässlich der Erdarbeiten, von einer näher nicht bestimmtbaren Stelle eine Capricornus darstellende Bronzestatuette in die Sammlung des Ungarischen Nationalmuseums eingeliefert. 1 Die Statuette, die eigentlich das Kennzeichen der in Carnuntum stationierenden legio XIV gemina gewesen war, erweckte ihrer kunstvollen Ausführung und militärgeschichtlichen Bedeutung zufolge berechtigterweise unsere Aufmerksamkeit. Die aus Bronze gefertigte Statuette stellt einen auf den Vorderbeinen liegenden Capricornus dar (Abb. 38). Auf dem, dem Zuschauer zugewandten Kopf ist besonders die Ausbildung der Augen charakteristisch: die stark betonten Pupillen und Augäpfel umgeben dichte, hervortretende Augenbrauen (Abb. 39). Die zurückgebogenen, ein wenig asymmetrischen Hörner schmiegen sich völlig dem Schädel an. Die Behaarung am Ziegenkopf deuten feine Striche an. Die beiden Vorderbeine sind ganz unter dem Rumpf gezogen, die Unterschenkel überaus dünn. Den Oberkörper, der aus einer die Hüfte umgebenden plastischen Palmettenreihe emporsteigt, wie auch den Hals bedeckt eine stark charakteristische, gewellte Gravierung. Abwärts von der Hüfte bedecken den Körper des Tieres aus Bogenmotiven gebildete Schuppen. Der gedrehte Fischschwanz ist beim Fusse der Statuette abgeschnitten, um sich auf der anderen Seite fortzusetzen, das sich zurückbiegende Teilstück des Schwanzes endet in einer dreieckförmigen, kleinen Flosse. Am flach abgeschnittenen Boden der Statuette ist in kursiven Buchstaben folgende eingravierte Inschrift zu lesen: LEG(io) XIIII G(emina) (Abb. 40). Die ganze Statuette ist von einer besonders schönen, bräunlichgrünen edlen Patina bedeckt. Der Name der Legion wurde nachträglich in den Boden der Statuette eingeschnitten. Diese unsere Ansicht wird von mehreren Umständen unterstützt. Die Ränder der gerade abgeschnittenen Sohle der Statuette sind bald breiter, bald schmäler. Dementsprechend ändert sich auch die Grösse der Buchstaben. Für die nachträgliche Eingravierung spricht auch der Umstand, dass sich die Buchstaben nicht retrograd angeordnet, wie dies bei einem Stempel zu erwarten wäre, sondern in gewöhnlicher Schrift geschrieben worden sind. So war eigentlich der Abdruck des Stempels retrograd. Die Buchstaben sind kursiv. Wenn Inschrift und Statue in gleicher Zeit entstanden wären, so hätte der Bronzegiesser lapidare Antiqua und — voraussetzlich da sie für einen Stempel bestimmt war — retrograde und plastische Buchstaben gegossen. Auch die ziemlich primitive, von ungeübter Hand stammende Gravierung der Buchstaben bezeigt, dass diese nachträglich erfolgt ist. Der Schenkel des ersten und dritten Buchstaben — L und G — ist doppelt eingraviert worden (Abb. 41). 1 Inv.-Nr. 63. 27. I. Länge der Statuette 9 cm, Höhe 5,4 cm.