Folia archeologica 14.
Ágnes Salamon : Ein völkerwanderungszeitlicher Beschlag aus Környe
64 lieber, daß der Kispatári-Anger das Siedlungsgebiet oder Gräberfeld eines anderen, ebenfalls im 6. Jh. lebenden Volkes war; 2 6 es kann aber auch sein, daß wir es mit einem Streufund zu tun haben, dessen Zutagegekommen eben mit dem erwähnten Gräberfeld zu erklären ist. Der Bronzebeschlag aus Környe steht in inhaltlichem Kontakt mit der Verzierung des Batajnicaer Helmes und der Darstellung auf der Bronzeplatte aus Szeged-Öthalom. In der Form berührt er — über den Batajnicaer Helm hindurch — mit dem hunnischen und gotischen Denkmalmaterial. Die Zeit, zu der er in Gebrauch stand, wird daher auf die Zeit zwischen dem Batajnicaer und dem Szeged-Öthalomer Fund verlegt, auf jene Zeit, in der das Volk des Gräberfeldes von Környe lebte. — Obwohl der Fund keine hervorragende Kleinplastik ist, darf er wegen seiner Komposition, seiner schwung vollen, mußhaltenden Formgebung als das Produkt einer guten Werkstätte gelten. Schließlich noch einige Gedanken zur Herkunft des Motives. Die Darstellung des einen Fisch zerfleischenden Adlers tritt in Südrußland, unter den klassischen skythischen Funden auf. Mit dieser eigenartig vermischten, aus vielen Komponenten legierten und in ihrer Auswirkung sozusagen die ganze Völkerwanderungszeit umfassenden Kunst haben sich die bedeutendsten Forscher befaßt. 2 7 Außer den griechischen (äginetischen), iranischen und innerasiatischen Komponenten verwies man diesbezüglich auch auf die bedeutenden kleinasiatischen Reiche im 1. Jahrtausend v. u. Z. 2 8 Die Forschungen der letzten Jahre haben bedeutende Denkmäler der einstigen phrygischen Stadt Gordion zutage gebracht. 2 9 In einem Haus in Gordion fand man Elfenbeinplatten, auf denen zwei, für uns bedeutsame Darstellungen zu beobachten sind. Auf der einen trägt ein schreitender Greifenadler einen Fisch im Maul (Abb. 19. 1), auf der anderen steht ein langköpfiges, nach hinten blickendes Tier (Abb. 19. 2). Greif und Fisch stehen nicht nur thematisch, sondern auch in der Form den hier besprochenen Funden nahe, wie auch das nach hinten blickende Tier; man findet ja auf dem Helm aus Batajnica eben diese Darstellungen. In ihrer Publikation werden die Platten als phrygische Arbeit beschrieben und auf die dem kymmerischen Angriff unmittelbar vorangehenden Jahre datiert. 3 0 Dieser Fund bekräftigt also weit stärker als eine bloße Annahme, daß die kleinasiatischen Völker eine bedeutende Rolle in der Ausbildung der Kunst der südrussischen Gebiete hatten. Eine gemeinsame Darstellung des Fisches und des Adlers ist uns aus dem sarmatischen Material nicht bekannt. Wie gesehen, kommt die Darstellung des einen Fisch zerfleischenden Adlers weder in der hunnischen, noch in der gotischen Kunst vor. Es bleibt also eine offene Frage, welches Volk dieses 2 6 Leider konnte man noch keine awarische Siedlung erschließen, daher kann man aus dem Platz des Gräberfeldes nicht auf den Platz der Siedlung folgern. 2 7 Minns, E. H., Scythians and Greeks. (Cambridge 1913); Rostowt^eff, M., Skythien und der Bosporus. (Berlin 1931); Alföldi A., Über die theriomorphe Weltbetrachtung in den hochasitischen Kulturen. AA 1931. 393—418. 2 8 Roslowtzeff, M., а. а. O. 273. 2 9 Rodney, S. Young, The Gordian Campaign of 1959; Preliminary Report. AJA 64(1960) 227—243. Taf. LX. 25a, b. 3 0 Ebenda 243.,