Folia archeologica 13.

A. T. Németh: Das älteste Typarium der philosophischen Fakultät der Wiener Universität

132 A. T. Németh Stellungen begegnet man am häufigsten auf Siegeln der italienischen Uni­versitäten. 1 6 Nur vereinzelt stößt man auf Siegelbilder die zumindest eine Verschmel­zung der beiden Darstellungsthemen austreben, wie etwa das aus dem XIV. Jahrhundert stammende Siegel der Universität Bologna. 1 7 Ähnlichen Motiven begegnet man viel häufiger auf den Siegelbildern der französischen oder englischen Hochschulen. Auf dem Siegel der Pariser Universität aus dem XIII. Jahrhundert sind das Madonnenbild und die Allegorie des Unterrichtes gleichfalls noch miteinander verschmolzen, 1 8 während auf dem Oxforder, gleichfalls dem XIII. Jahrhundert angehörenden Siegelabdruck, bereits eine auf zwei Ebenen dargestellte Disputationsszene erscheint. 1 9 Je mehr man sich dem deutschen Kulturgebiet nähert, umso häufiger begegnet man Stücken, die der letzteren Gruppe zugezählt werden können, z.B., um nur einige zu erwähnen, die Siegel der Erfurter, Freiburger, Heidel­berger Hochschulen. Es ist deshalb durchaus kein Zufall, daß die in der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts gestiftete Wiener Universität, der auch sonst die Pariser Universität als Vorbild diente, auch in der Ikonographie ihres Siegels deren Beispiel folgte. Das älteste Siegel der Wiener Universität dürfte bald nach der Universi­tätsgründung angefertigt worden sein. Sein Bild kennen wir bloß aus einem Abdruck auf einer aus dem Jahr 1366 datierten 2 0 Siegel. (Taf. XXIII. 1.) Auf dem Siegel, dessen Durchmesser 6 cm beträgt, ist unter einem fünf­bogigen und mit Fialen und Krabbe reich verzierten Baldachin die Darstellung in zwei übereinanderliegenden Ebenen angeordnet. Die Tren­nungslinie zwischen den beiden Ebenen hat der Graveur nicht genau in der Mitte, sondern etwas weiter oben gezogen und dadurch der auf einem Thron ohne Lehne sitzenden Madonnengestalt einen kleineren Platz eingeräumt. Zu beiden Seiten der thronenden Maria füllt die Halbfigur eines in Anbetung begriffenen Engels das obere Bildfeld aus. Als Schutzpatronin der Universität kommt der Madonna im Siegelbild ein gebührender Platz zu, wenn auch nicht mehr der Hauptplatz. 2 1 Indem ihre Rolle auf den kleineren Teil der Bild­fläche beschränkt bliebt, wird die gewünschte Wirkung nur durch die Ge­drängtheit der Szene erzielt. Auf dem unteren größeren Teil des Bildes hat der Künstler eine Unterrichtszene dargestellt. Auf der rechten Seite des Bildes sitzt der Lehrer (Doctor, Magister) auf einer gotischen Bank mit Rücklehne und mit einer dem oben abgebildeten Thron ähnlicher Verzie­rung. Die Figur mit langem Haar und Vollbart trägt den damals üblichen Talar und den kurzen Kragenmantel der weltlichen Universitätsprofessoren, mit 1 8 Bascapé, G., Sigilli universitari italiani. Studi storici in memoria di mons. Angelo Mercati. (Milano 1956) 43—71. 1 7 Bild s. ebenda Taf. IX. 3. 1 8 D'Irsay, S., Histoire des universités. 1. (Paris 1933) 145—171. 1 8 Ebenda 121—129. Bild s. Taf. VIII. 1. 2 0 Sava, К., Die Siegel der Wiener Universität. (Wien 1860) 16.; Grit^ner, В., Die Siegel der deutschen Universitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In: Siebmacher , J., Wappenbuch. 1/8. (Nürnberg 1906). Wahrscheinlich infolge königlicher Verleihung, hatte die Universität das Recht auch roten Siegellack zu benützen. 2 1 K/et/er, P., Die Kunst im österreichischen Siegel. (Wien 1927) 19.

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