Folia archeologica 12.

L. Vértes: Die Wandgravierungen in der Hillebrand-Jenö-Höhle

Die W'andgravier/mgen in der Hillebrand - ]enö-Höhle 11 in der Richtung der gravierten Linien ist bei den „rechtshändigen" in der Hillebrand-Jenö-Höhle rund zweimal so groß als bei den Bärenpfoten­Gravierungen (85°/43°), bei den „linkshändigen" hingegen erweisen sich wieder die Bärenspuren als mannigfacher (um 13°). Die letzten drei Rubriken der Tabelle II. stellen klar vor Augen, was die Differenz zwischen den Gruppen der rechts- bzw. der linkshändigen Gravierungen in der Hillebrand-Jenö­Höhle und den entsprechenden Gruppen der Bärenpfotenspuren ausmacht. Auf Grund der Untersuchungen können wir mit großer Wahrscheinlich­keit behaupten, daß die Gravierungen in der Hillebrand-Jenö-Höhle nicht von Bären stammen, sondern das Werk eines entschieden rechtshändigen Menschen sind. Die meisten Verfasser gehen darin einig, daß der Mensch des frühen Jungpaläolithikums die auf den Felswänden wahrgenommenen Bärenpfoten­kratzspuren aus kultischen Gründen —- oder einem „spielerischen Trieb" fol­gend — nachahmte: meistens vertiefte er mit bloßen Fingern parallele Linien in die lehmige Felswand. 1 0 Diese Bärenkratzer-Nachahmungen wurden zum Ausgangspunkt der parietalen Kunst des Paläolithikums. Die Gravierungen in der Hillebrand-Jenö-Höhle gehören ebenfalls zu dieser Gruppe: sie ahmen die Bärenprankenkratzspuren nach, wahrscheinlich aus kultischen Gründen. Nachdem wir die Erscheinungen in dieses Licht gestellt haben, möchten wir hier auf eine unserer früheren Beobachtungen zurückkehren: auf die „Pseudo-Schädeldeposition", die neben den Gravierungen gefunden wurde. Wie bereits anderenorts beschrieben, 1 1 wurde neben den Gravierungen in einer kleinen Tropfsteingrotte — aus der sich der verstopfte Kamin öffnet — auf einem natürlichen Felsenpostament freiliegend ein Höhlenbärenschädel gefunden, der mit dem Boden durch Travertin verbacken war. Unter dem Schädel lagen mehrere, zu verschiedenen Tieren gehörende, größtenteils intakte Höhlenbärenknochen im Schutt. Auch zwischen den Felsblöcken des verstopften Kamins gibt es Knochen, es ist daher klar, daß alle aus einem höher liegenden Höhlenraum mit den Blöcken und dem Schutt zusammen in die Höhle gestürzt waren, als sich der Kamin verstopft hatte. Der zufällig her­untergefallene — und dabei stark beschädigte — Höhlenbärenschädel hat aber nicht nur in uns das Bild der kultisch deponierten Schädel erweckt, sondern — offenbar noch intensiver — auch in jenem Paläolithiker, der, die Fackel in der Hand, 1 2 zufällig in diesen, vom Eingang weit entfernten Raum geriet. Es ist durchaus möglich, daß er angesichts des natürlich „deponierten" Schädels seine Zeremonie verrichtete und die Höhlenbärenkratzer auf der Felswand nachahmte. LÁSZLÓ VÉRTES 1 0 cf. die in Anm. 8 und 9 angeführten Werke. In Ungarn hat Gy. László jüngst diese Meinung ausgesprochen: Acta Arch. Hung. 9 (1958) S. 35 — 47. 1 1 Vertes L., in Quartär 10/11. 1 2 In der Ausfüllung unter den Gravierungen fanden wir auch kleine, zur Bestimmung nicht geeignete Holzkohlenkörnchen.

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