Folia archeologica 9.

M. Hermann - M. Kretzoi - L. Vértes: Neuere Forschungen in der Jankovich- Höhle

Neuere Forschungen in der Jankovic\-Höhle 15 Grössere Mikrolith-Klinge (Inv. No. Pb56/34). 36,7x11,5 mm. Rötlich­brauner Feuerstein. Der Querschnitt ist dreieckig, die Basis abgerundet. Das obere Ende ist abgebrochen. Die Kanten verlaufen unebenmässig, sind unre­touchiert. (Abb. 6., 4.) Hier fanden wir noch 6 kleinere Bruchstücke aus Radiolarit bzw. Jaspis, und ein grösseres Stück aus Hornstein oder Jaspis (Rohmaterial). Aus Lage 10. sammelten wir bloss einen formlosen Silexsplitter und ein Stückchen roter Farbe (Hämatit?). In einem einzigen kleinen Block von kaum 5 m 2 Oberfläche fanden wir 10 Steinwerkzeuge und 33 Fragmente. Bei den alten Ausgrabungen, wobei wir die Oberfläche der Höhle roh gerechnet auf 200 m 2 schätzten, wurden aus dieser Schicht etwa 20—25 Werkzeuge gesammelt. Wie wir bereits anderen Ortes festgestellt haben, liegt der grösste Teil des ungarischen Paläolithfunde auf den Schutthaufen der Ausgrabungen. Wir kennen diese extrem mikrolithische Kultur aus den oberen, W3­altrigen oder als Postglazial bestimmten Schichten ungarischer Höhlen. Sie wurde früher als Magdalénien bestimmt, wir betrachten sie jedoch als eine eigenartige lokale Erscheinungsform des östlichen Gravettien : eine Kultur, deren Träger sich dem Höhlenleben angepasst hatten, und sich den Bedin­gungen der Jagd in den Mittelgebirgen fügten. Das Material dieser Kultur hat mehrere gemeinsame Züge mit dem Swiderien, was schon Hillebrand bemerkt wurde. 1 7 Der charakteristischeste Zug ist, das sie in ganz exremer Weise aus Mikrolithwerkzeugen besteht. Ihre Fundstellen wurden eben deshalb anfangs als Rastplätze betrachtet, da die „Industriewerkzeuge" dem Anschein nach auch aus ihrem Inventar fehlen. 1 8 Diese Hypothese können wir nicht anneh­men, da unseres wissens bisher noch keine einzige Höhlen- oder Freilandsta­tion gefunden wurde, aus deren Werkzeuginventar die Kollektion der in Rede stehenden Kultur zusammenzustellen wäre. Wir neigen eher zur Auffassung, dass wir in den Bewohnern dieser Fun­dorte eine Art überspezialisierter „Höhlen-Eskimos" zu sehen haben, 1 9 die jedoch mit den Steppenbewohnenden Gravettienmenschen und deren Abkömm­lingen in genetischem Zusammenhang stehen. Auch eine gewisse Entwicklung, d. h. eine Veränderung in der Richtung «1er Spezialisiertheit ist wahrzunehmen, da es trotz der lückenhaften stratigra­phischen Angaben scheint, dass je jünger das Material dieser Gruppe ist, desto mehr Mikrolithwerzeuge in ihr zu finden sind. 2 0 Wir halten es nicht für unsere Aufgabe, bei dieser Gelegenheit uns mit Detailfragen des Ursprunges, der Verbindungen, usw. eingehender zu befas­sen. 2 1 Wir hatten Gelegenheit, einen sich in Druck befindenden Artikel M . 1 7 Hillebrand J ., AH 17(1935) S. 32. 1 8 Korntos T. —Lambrecht K., a.a.O. S. 332. 1 9 Siehe : Bandi, H. О., Die Frage eines Zusammenhanges zwischen dem Magda­lenien und der Eskimokultur, Jh. d. Schweiz. Ges. f. Urgesch. 40(1949—1950) S. 75—92. 2 0 Siehe z.B. die verhältnissmässing älter seheinenden, grösseren Werkzeuge der Kiskevélyer-Höhlc. Auch in der Jankovich-Höhle sind die Werkzeuge von Schicht 9. am gross ten. 2 1 Siehe: Vértes L., FA 8(1956) S. 3—22. ; Herrmann M.—Jánossi/ D.— К. Varrók S.—Vértes L., a.a.O. S. 18—36. ; Vertes L., FA 6(1954) S. 9—21.

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