Buchwald, Georg: Wittenberger Ordiniertenbuch 2. 1537-1572. Leipzig 1895.
Vorwort.
Vorwort. Ill Hiernach weisen die Ordiniertenbücher insgesamt 7426 Einträge auf. Bedenkt man, dass Ordinationen in Wittenberg bereits seit dem 20. Oktober 1535 *) stattfanden, dass vermutlich nicht alle Ordinierten eingetragen wurden2) und zieht man die Lücke 1556|57 inBe- tracht, so mag sich die Zahl der in Wittenberg Ordinierten sicherlich auf 7500 belaufen. Zweierlei Ursachen führten die beträchtliche Verminderung der in Wittenberg vollzogenen Ordinationen herbei. Erstens hörte Wittenberg allmählich, je mehr die Organisation der Landeskirchen fortschritt, auf, für einen weiten Kreis die einzige Ordinationsstelle zu sein. Neben Wittenberg trat — um hier nur von Sachsen zu sprechen — zunächst Leipzig. Nachforschungen nach Leipziger Ordiniertenbüchern blieben erfolglos. Die Generalartikel vom 1. Januar 1580 bestimmen weiter:3) „Wie wohl biss daher allein zu Wittenberg und Leipzig die Ordination derer neuen Kirchen- Diener gehalten; jedoch, weil die Theologen daselbst, nicht allein bey denen Consistorien viel zu verrichten, sondern beneben denenselben Geschäften über die ordentlichen Predigten, auch täglich ihre Lectiones bey der hohen Schule verrichten sollen, und besonders derer Kirchen, so in das Consistorium zu Leipzig gehörig, eine grosse Anzahl, haben wir diese Verordnung gethan, dass hinführo zugleich denen andern Consistoriis, alle neue Kirchen-Diener, so in des Meissnischen Consistorii Kreys gehörig, bey unserm Ober-Consistorio zu Dressden nicht allein examiniret, sondern auch, da sie tüglich befunden, daselbsten ordiniret werden sollen.“ Die zweite Ursache für die Verminderung der Wittenberger Ordinationen, bildet die Gegenreformation in Oesterreich. Man braucht nur die Menge der nach Oesterreich berufenen Ordinanden im 16. Jahrhundert in Betracht zu ziehen, um den durch die Unterdrückung der evangelischeu Kirche in Oesterreich entstandenen Ausfall zu ermessen. Auch hier zeigt es sich, welch’ ein ungeheurer Kultureinfluss für Oesterreich durch die Gegenreformation abgeschnitten worden ist. Der letzte Eintrag in das Wittenberger Ordiniertenbuch stammt vom 2. April 1816. Nahezu durch drei Jahrhunderte waren an der altehrwürdigen Stätte gegen siebenund- einlialb Tausend Geistlicher für die evangelische Kirche ordiniert worden. Der letzte Band in der Keibe der Ordiniertenbücher wurde im Jahre 1783 begonnen. Man ahnte *) Der Nachweis wird in einem der nächsten Hefte der Theologischen Studien und Kritiken geführt werden. a) Z. B. Benedikt Schumann, dessen Ordinationszeugniss ebendaselbst nächstens mitgeteilt werden wird. — Vgl. auch die unten folgenden Aufzeichnungen Ebers! 3) Codex des im Königreiche Sachsen geltenden Kirchen- und Schulrechts. Herausg. von Paul v. Seydewitz. 1890. S. 14. — Kulturgeschichtlich interessant ist die Klage a. a. 0.: „Und dieweil bey der Ordination ein gantz beschwehrlicher Missbrauch eingerissen, wenn je zu Zeiten etliche ungeschickte Ordinanden von denen Herrschafften oder andern- unsern Unterthanen, zur Ordination geschickt, dass dieselbige, auf derer Kirchen Kosten, so lang an gemeldten Orten, da sie die Ordination empfahen sollen, sich gehalten, biss sie durch einen Studenten, oder jemand auf etliche gewisse Fragen abgerichtet, und dasie auf dieselbigen antworten können, wie sie abgerichtet worden, alsdann erst zur Ordination zugelassen, ungeachtet, dass sie in Heil. Schrifft, Alten und Neuen Testaments, entweder wenig oder gar nichts gelesen noch verstanden, welche sich nachmahls allein auff die Postill legen, und der Kirchen Gottes nimmermehr nützlich dienen, die Angefochtenen nicht trösten, die Irrenden mitbo ständigem Grund Gottes Worts nicht berichten, noch falschen Lehrern das Maul stopffen können.“ a'