Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .

68 dienst. An der Bearbeitung der meritorischen Gesuche — also aller Gesuche, welche nicht geldliche Unterstützung erbaten — nahmen, da deren Zahl immer mehr zunahm, auf Grund freiwilliger Erklärung, hierzu bereit zu sein, seit 1. Mai 1880 auch die Kabinettssekretäre teil U2). Es wurde schon erwähnt, daß am 13. Februar 1880 eine erhebliche Vereinfachung der Be­handlung der Gesuche von Unterstützungswerbern verfügt worden war 14s). Hand in Hand damit ging auch eine Vereinfachung des Korrespon­denzwesens. Bis 1865, das ist bis zum Ausscheiden des in den Ruhe­stand tretenden Kabinettsdirektors Franz Thiel, waren die bis dahin ver­einzelt vorkommenden Korrespondenzakten der Kabinettskanzlei bzw. ih­res Leiters, des Kabinettsdirektors, als „Direktionsakten“ behandelt und verwahrt worden; sie wurden wohl von 1853 an gesondert alljährlich fort­an rechts oben numeriert, nicht aber gesondert protokolliert; sie wurden entweder als Billete behandelt, mit deren Nummern versehen, wie diese protokolliert und indiziert, oder ergingen unter jener Geschäftsnummer der Kabinettskanzlei, mit welcher sie in sachlichem Zusammenhang stan­den. Dies änderte der am 21. Oktober zum Hofrat und Kabinettsdirektor ernannte bisherige Legationsrat und Geschäftsträger beim Staate der freien Stadt Frankfurt Adolf Ritter von Braun. Er ließ sie nun gesondert im sogenannten Korrespondenzprotokoll protokollieren und als Korrespon­denzakten gesondert verwahren. Braun wußte in einem solchen Maße das Vertrauen Kaiser Franz Josephs zu gewinnen, daß diese Korrespondenzen an Umfang stark Zunahmen. Waren es 22 Nummern im Jahre 1865, so waren es 1879 schon an 3000! Am gleichen Tage wie die Vereinfachung des Unterstützungswesens, am 31. Februar 1880 wurden daher auch Bestim­mungen zur Erzielung von Vereinfachungen der Kabinettskorrespondenz erlassen 142 * 144). Ihr Grundsatz war, daß in dieses Protokoll nur jene Ge­schäftsstücke einzutragen seien, welche in keinem der anderen Protokolle — als da geführt würden, Ministervortragsprotokolle, Billetenprotokolle, Separatprotokolle und Separatbilletenprotokolle (für die Angelegenheiten des kaiserlichen Hauses und des Hofes), Bittschriftenprotokolle — in Evi­denz gehalten würden und — das ist das Wesentliche — „wichtig genug seien, um bleibend registriert zu werden, daher alle ephemeren Korres­pondenzen über den internen Dienst und unbedeutende Vorkommnisse von aller Eintragung ausgeschlossen zu bleiben hätten“. Trotz dieser er­heblichen Vereinfachungen im Unterstützungs- und Korrespondenzwesen sah sich Braun schon ein Jahr später, am 7. März 1881, genötigt, dem Kai­ser zu melden, daß der Einlauf von Vorträgen und Gesuchen derart ge­142) „Geschäftseinteilung der Kabinettssekretäre“ 21. 4. 1880, Direktionsakt ZI. 7/1880. i«) S. S. 65. 144) Denkschrift Pachners betr. Verinfachungen im Korrespondenzwesen und „Bestimmungen zur Erzielung von Vereinfachungen bezüglich der Cabi- nets-Correspondenz.“ Direktionsakt ZI. 5/1880.

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