Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

IV. Der Geschäftsgang - 3. Das Kabinett Josephs II. und die Kabinettskanzlei bis 1918 - d) Die sachliche Bearbeitung; die Verfassung, Überprüfung und Genehmigung der Konzepte; der Ausfertigungsbefehl

233 der Kabinettskanzlisten gelegen sein114), ohne daß eine feste Arbeits­teilung bestand. Die wenigen erhaltenen Konzepte reichen aus, zu erken­nen, daß als oberster Grundsatz der Geschäftsführung im Kabinett Josephs galt, daß mit Ausnahme des Leiters und der Kabinettskanzlisten, welch letzteren nur die Schreibgeschäfte oblagen, jeder zuzugreifen hatte, wo es nötig war. So stammen von Bourguignon und Günthers Hand auch Konzepte über nicht militärische Angelegenheiten, auch ein von Günther begonnenes, von Anthon beendetes Konzept ist vorhanden 115). Die Kon­zepte von Aufzeichnungen über die Reise Josephs nach Neiße 1769 sind von Weber und Kronenfels geschrieben116 *). Eine sachliche Bearbeitung der erbländische Angelegenheiten betreffenden Akten war nur insoweit erforderlich, als sie nicht schon durch den Staatsrat erfolgt war. Nament­lich seit der Zeit, da Joseph in Österreich zur Regierung gekommen war, schätzte er diese Arbeit des Rates, den er zu vordem nie gesehener und nachher nie wieder erreichter Schnelligkeit der Erledigung anzuspornen wußte. Obwohl Joseph einst als Mitregent dagegen auf getreten war, daß der Staatsrat vielfach in Unkenntnis ergangener Entschließungen war, mehrten sich unter seiner Regierung die Fälle, daß Entschließungen und Handschreiben ohne Wissen des Staatsrates ergingen; vielfach wurden diesem die Vorträge der Hof stellen gar nicht aus dem Kabinett zur Bear­beitung zugestellt, sondern in diesem behandeltm). Regelmäßig wurde ausschließlich im Kabinett die von den niederländischen Behörden und vom italienischen Departement der Staatskanzlei einlaufenden Akten­stücke bearbeitet. Die im Staatsrat ausgearbeiteten Entwürfe der Resolu­tionen und Handschreiben dürften schon in der Regierungszeit Kaiser Josephs, sicher ist dies unter seinem Nachfolger so geschehen, mit den Votantenbögen, auf welchen die einzelnen Staatsräte ihre Gutachten gesetzt hatten, und den Hauptakten (Einlauf, Priorén usw.) mit einer in der Staatsratskanzlei angefertigten, die einzelnen Geschäftszahlen aus­weisenden Vormerkung dem Kabinett zwecks Vorlage an den Kaiser zur Genehmigung übergeben worden sein. Durch das Kabinett erhielt dann der Staatsrat die genehmigten bzw. abgeänderten Entwürfe samt den Hauptakten und den Votantenbögen zurück, damit die Reinschrift ange­fertigt werden könne 118). Dieser Vorgang wurde bis zur Auflösung des Staatsrates im Jahre 1848 beibehalten. Kaiser Joseph führte, wenn aus den wenigen erhaltenen Konzepten, die im Kabinett entstanden, ein ver­114) Relazione Erh. Leopolds 1784, Habsb.-lothr. Familienarchiv, Sammel­band 76 e, S. 408 ff. ns) Habsb. Lothr. Familienarchiv, Sammelband 34, Bill. Prot. V Adl. A, VI 221. u“) Ebenda, Reisen, Fasz. 1, Konv. 3, 4. in) Hock-Bidermann, Der österr. Staatsrat, S. 99, Denkschrift Egers 6. 9. 1792, KFA., Fasz. 46, XI f. S. auch S. 222. ns) Ergebnis der Aktendurchsicht, s. auch S. 230.

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