Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
Einleitung
6 ser von J u v a 1 bildete die Führung der Familienkorrespondenz Ferdinands I. und Maximilians II.22). Bis zu dessen Tod läßt sich hier seine Tätigkeit verfolgen 23). Eigenartiger Weise hat aber die Ausbildung eines Kabinettssekretariates innerhalb der Reichskanzlei nicht an diesen Teil der Geschäfte angeknüpft. Als erster Beamter, der als Kabinettssekretär bezeichnet wird, erscheint Hans Kobenzl (Cobenzl), später Freiherr von Prosegg, der schon 1558 in der Reichskanzlei auf taucht. Er erfreute sich des besonderen Vertrauens Kaiser Ferdinands. Seine Tätigkeit in der Kanzlei ist nicht nur sehr vielseitig, sondern von seiner Hand stammen, was hier den Ausschlag gibt, zahlreiche Vermerke auf den Akten über Befehle und Entschließungen des Kaisers. Er übermittelte auf Zetteln oder durch Briefe Aufträge des Kaisers an andere, auch höhere Beamte, übersandte dem Reichshofrat an den Kaiser gerichtete Eingaben. Nach dem Tode des Kaisers schied er 1564 aus der Kanzlei24). An seine Stelle trat Kaspar Lindegg von Lisana, ein Vertrauter Maximilians seit dessen Jugendzeit, schon 1547 sein Sekretär und dann eine der hervorragendsten Kräfte seiner königlichen Kanzlei. Sein Wirkungskreis entsprach dem seines Vorgängers, erfuhr aber dadurch eine Erweiterung, daß ihm auch der vertrauliche Briefwechsel des Kaisers mit den Mitgliedern des Kaiserhauses und mit fremden Herrschern anvertraut wurde. Deren Führung wurde somit der lateinischen Expedition, die sie bisher versah, entzogen. 1568 trat er aus der Kanzlei aus 25) und wurde durch Wolf Unverzagt, der am 28. Mai 1567 zum deutschen Sekretär ernannt worden war, ersetzt. Auch sein Wirkungskreis als Kabinettssekretär erfuhr durch die Bearbeitung von Familienangelegenheiten des Kaiserhauses eine abermalige Erweiterung. Seine Tätigkeit als Kabinettssekretär fand mit der Übersiedlung Kaiser Rudolphs II. nach Prag — Unverzagt blieb in Wien zurück — 1578 ihr Ende26). Mit Unverzagt endet die Reihe jener Sekretäre, deren Stellung der eines Kabinettssekretärs entsprach. Ein bestimmter Amtstitel dieser scheint nicht üblich gewesen zu sein; die Bemerkung Kaiser Maximilians, daß Lindegg sein ältester und einziger geheimer Hof Sekretär sei 27), berechtigt wohl kaum zu einem Schlüsse in dieser Richtung. Mit der Verlegung der Reichskanzlei nach Prag wurde die Entwicklung unterbrochen. Die Sekretäre der deutschen Expedition Peter Obernburger und Andreas Erstenberger, die beide bis zu ihrem in der Nacht vom 16. zum 17. November 1588 bzw. am 6. Juli 22) Ebenda, S. 405. 22) V. Bibi, Die Korrespondenz Maximilians II. Familienkorrespondenz. 2 Bde. Wien, 1916—1921. 2i) Uber ihn und sein Wirken s. Groß, a. a. O., S. 359 ff. 25) Über ihn ebenda S. 364 f. 28) Uber ihn ebenda S. 372 f. 27) Ebenda S. 365.