Walter Goldinger: Ergänzungsband 5. Geschichte des Österreichischen Archivwesens (1957)

Die österreichischen Archive im 19. Jahrhundert

30 Walter Goldinger Joanneumsarchivs in Graz mit dem ständischen Archiv, wo Joseph Zahn als Landesarchivar eine vorbildliche Tätigkeit entfaltete15). Die staatsrechtlichen Veränderungen nach dem Ausgleich mit Ungarn (1867), der von Dudik noch immer festgehaltene Gedanke eines General- inspektorats der Archive, die Tendenzen, die vom Haus-, Hof- und Staats­archiv unter Arneth und auch schon vom Institut für österreichische Ge­schichtsforschung unter Sickel ausgingen, bildeten Grundlage und Voraus­setzung für jene Maßnahmen, die das Ministerium des Innern durch die mit Erlaß vom 1. August 1869 verfügte Einberufung einer Archiv-Enquete in die Wege zu leiten begann16 17). In der ersten Sitzung am 16. August wurde als vorberatende Kommis­sion, die die eigentliche Arbeit zu leisten hatte, das Triumvirat Meiller37), Sickel18), Zahn19) bestellt. Wie man sieht, drei Männer, die auf der Höhe ihrer Aufgabe standen: Der wissenschaftlich rührige und angesehene Meil­ler, der sich auch als Archivar viel bewährt hatte; der aus der École des chartes kommende Sickel, der, was wichtiger war, im Zusammenhang mit seinen Arbeiten für die Monumenta graphica zahlreiche österreichische Archive kennengelernt hatte; schließlich Zahn, dessen Lebensweg von der ihm durch die Absolvierung des zweiten Kurses des Instituts für öster­reichische Geschichtsforschung eröffneten Bahn des Hochschul] ehrers weg­geführt hatte. Diesem noch jungen Manne eignete schon damals ein sicherer Blick für die praktischen Bedürfnisse des Archivwesens, man darf ihn als einen ersten Vertreter jener Institutler bezeichnen, die durch ihr Wirken den Ruf des Instituts als Archivschule begründen halfen, einfach dadurch, daß sie das, was anderwärts Autodidakten leisteten, mit den ihnen im Institut vermittelten Kenntnissen und Fertigkeiten in die Tat umsetzten, dabei aber auch als Männer der Wissenschaft zu hohem Ansehen kamen. 15) Das steiermärkische Landesmuseum und seine Sammlungen (1911), 457; F. Popelka, Der historische Verein von Innerösterreich und sein steirischer Zweigverein. Zeitschr. d. hist. Vereins f. Steiermark 41 (1950), 3—23; der s., Das steiermärkische Landesarchiv. Geschichte, kulturelle Bedeutung, Aufgaben in der Zukunft. Die Steiermark, Land, Leute, Leistung (1956) 343—346. 16) Vgl. das aufschlußreiche Material, das sich im Nachlaß Gustav Winter (Konvolut: Archivwesen) im HHStA befindet. K. Rieger, Mitteilungen aus den Akten des k. k. Min. d. Innern bezüglich einer Reorganisation des österrei­chischen Archivwesens, 1881; Bittner, a. a. O., 25* f.; L. Groß, Zur Ge­schichte des Archivschutzes in Österreich. Archivalische Zeitschr. 42/43 (1934), 169; B. Bretholz, Zur Reorganisation des österreichischen Archivwesens. Aus Theodor von Sickels Nachlaß. Mitt. d. Österr. Inst. f. Geschichtsf., 11. Erg.-Bd. (1929), 796 f. 17) Gesamtinventar d. Wiener HHStA 1, 88 ff. 18) A. Lhotsky, Geschichte d. Inst. f. österr. Geschichtsforschung 1854 bis 1954. Mitt. d. Inst. f. österr. Geschichtsf., 17. Erg.-Bd. (1954), 45 ff. 19) Nekrologe in Mitt. d. Inst. f. österr. Geschichtsf. 37 (1916), 534—539, u. Almanach d. Wiener Akademie 67 (1917), 466—470. Ein vollständiges Schrif­tenverzeichnis in Zeitschr. d. hist. Vereins f. Steiermark 9 (1911), 291—296; Lhotsky, a. a. O., 72.

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