Walter Goldinger: Ergänzungsband 5. Geschichte des Österreichischen Archivwesens (1957)

Schatzgewölbe und Kanzleiarchive

8 Walter Goldinger In bedrängten Zeiten waren manche Klöster gezwungen, mit ihrem Schatz und ihren Archivalien an anderen Orten Zuflucht zu suchen. Das Stift Berchtesgaden hat in den Wirren um 1382 die Briefe des Gotteshauses im Sagrar der Domkirche in Salzburg hinterlegt24). Ansonsten erscheint aber dort als Verwahrungsort der Urkunden zumeist die Kammer, woraus auch die Bezeichnung Kammerbücher für die Salzburger Kopialbücher abzuleiten ist25 *). Für die Augustiner-Eremiten bestand auf Grund der von Pius V. im Jahre 1570 erlassenen Konstitution ganz allgemein die Vorschrift einer dreifachen Sperre durch Prior, Depositar und Klosterprokurator28). Auch im weltlichen Bereich kommt eine mehrfache Sperre vor. So befanden sich die Archivalien der Grafen von Hardegg 1555 in einem bewarlichen Gemach auf Schloß Seefeld unter dreifacher Sperre der Brüder27). Umgekehrt haben hinwieder Adelige ihre Urkunden vielfach in Ge­wahrsam geistlicher Anstalten gegeben, wie wir es aus Mattsee wissen28). In St. Florian war dieser Vorgang das ganze Mittelalter hindurch üblich 29). Dasselbe gilt von den Babenbergern und ersten Habsfourgem, die ihre Urkunden in Klosterneuburg und Lilienfeld hinterlegten30), oder auch von den Herren von Stubenberg, die sie im Minoritenkloster zu Pettau ver­wahren ließen31)- Leopold VI. von Österreich hat seinen Schatz den Deutsch­f a 11 e r, Gli statuti del capitulo della catedrale di Bressanone nel medio evo. Arehivio per l’alto Adige 22, 1927, 38 f.). Über die Archivverhältnisse im all­gemeinen vgl. Santifaller-Appelt, Die Urkunden der Brixener Hoch- stiftarchive II/l, 1941, S. XXXIII—XXXV. 24) Originalurkunde d. Haus-, Hof- u. Staatsarchivs d. d. Berchtesgaden 1384 XII 12: Propst Konrad und der Konvent von Berchtesgaden bekennen, daß sie ihres Gotteshauses Briefe, die sie (während der Wirren um 1382) zu Salzburg in dem sagrar gehabt haben, wieder empfangen haben. Vgl. H. Klein, Die ältesten UrbarialaufZeichnungen des Erzstiftes Salzburg. Mitteilungen d. Ge­sellschaft f. Salzburger Landeskunde 75, 134, Anm. 1. 25) A. M u d r i c h, Das Salzburger Archivwesen. Mitteilungen d. k. k. Ar­chivrates 2, 1916, 1; J. K. May r, Geschichte der Salzburger Zentralbehörden von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis ans Ende des 16. Jahrhunderts. Mitt. d. Ges. f. Salzburger Landeskunde 64, 1924, 11; Kaltenb runner, Salzburger Kammerbücher. Neues Archiv 1, 485 ff. 28) F. Rennhofer, Die Augustiner-Eremiten in Wien (1956) 259. 27) Nag 1, Das Archiv der Grafen zu Hardegg auf Schloß Seefeld. Blätter d. Vereins f. Landeskunde v. Niederösterreich 29, 1895, 68. 28) Erben 498; D. Müller, Das Archiv des Kollegiatstiftes Mattsee. Mitteilungen d. 3. (Archiv-) Sektion d. Zentralkommission für Kunst u. histo­rische Denkmale 6, 1905, 357. 20) Zibermayr20;A. Czerny, Zwei Aktenstücke zur Kulturgeschichte Oberösterreichs im 14. Jahrhundert. 39. Bericht des Museums Francisco-Caro- linum in Linz, S. 8, Anm. 3, und 51. 30) O. Mitis, Studien zum älteren österreichischen Urkundenwesen, 1912, 260 ff.; O. H. S t o w a s s e r, Das Archiv der Herzoge von Österreich. Mitteilun­gen des Archivrates 3, 1919, 16 f. 31) J. Loserth, Das Archiv des Hauses Stubenberg. Veröffentlichungen d. Hist. Landeskommission f. Steiermark 22, 1906, 12.

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