Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 49. Erwin M. Auer (Wien): Die Ordensgarderobe. Ein Beitrag zur Geschichte der kleinen Wiener Hofdienste. (Mit 1 Tafel.)

Die Ordensgarderobe. 17 ■wieder hergestellt werden könnten. . . . Die Mäntel haben an den untern Rändern viel primitive Flickarbeit, auch sind einige recht barbarisch mit neuen Stoffen eingefasst, wodurch ein Teil der Schrift-Bordüre sinnstörend verdeckt wird. Alles dies Hesse sich ganz kunstvoll verbessern, aber nur mit grosser Mühe und mit vielem Geld x). Es wurde jedoch nur die Restaurierung des Heroldskleides mit einem Kosten­aufwand von 129 fl. 25 kr. durchgeführt 2). Das Oberstkämmereramt übernimmt endlich am 21. Februar 1898 neben dem Schwurkreuz und der Potence einen kompletten Ritter­ornat sowie den Ornat eines Heroldes als Leihgabe vom Toison-Orden für die Schatz­kammer, in welcher die genannten Objekte alsbald der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind 3). Depotbestände sind nicht nur in Museen zum ewigen Wandern gezwungen, auch bei Hof machte der ständige Platzmangel in der Burg immer wieder Verlegungen not­wendig. Konnte die Ordensgarderobe noch 1843 verhindern, daß die lombardo-venetianische Leibgarde die über der Hofküche gelegenen Räume der Ordensgarderobe als Umkleide- lokal mitbenützte 4), 1883 mußte sie bereits Raum an das neu errichtete Rechnungs­departement der Privat- und Familienfonds-Direktion abtreten. Damals wurden wegen der nunmehr entstandenen Raumknappheit vermutlich sieben Kasten des Stephans- Ordens und des Ordens der eisernen Krone entfernt und die Ornate dieser Orden in den verbleibenden Kasten zusammengedrängt 5). Doch mit der Raumbeschränkung war es nicht abgetan und die Garderobe mußte einige Jahre später bereits die Burg verlassen. Die Hauptleidtragende bei den nun folgenden fünf Übersiedlungen innerhalb von 19 Jahren war die Garderobiere Betty Lauterböck. Trotz des energischen Widerstandes der Toison- Ordens-Kanzlei konnte die durch die Inangriffnahme des Verbindungsbaues zwischen der alten und neuen Burg heimatlos gewordene Ordensgarderobe nicht mehr in der Burg untergebracht werden, sondern mußte in den zweiten Stock des oberen Belveders über- siedeln6). Die ZJnwillfahrigkeit des Obersthofmeisteramtes wurde darauf zurückgeführt, daß einzelne Ordenskanzler die Ornate nicht mehr allzuhoch einschätzten und dadurch dem Obersthofmeisteramte Anlaß gaben, kein größeres Entgegenkommen zu zeigen. So schrieb der Wappenkönig-Stellvertreter des Toison-Ordens Kundrat7) am 16. Juli 1894 an seinen Kanzler, den Freiherrn von Braun8), der Kanzler des Ordens der eisernen Krone Baron Anton Hye von Glunek hätte ihm erzählt, dass er nach seiner Ernennung zum Ordens-Kanzler auch die Garderobe besichtigte, einen Ornat des Kronen-Ordens schätzen Hess und dann für die Idee eingenommen war, die ganze Garderobe zu verkaufen. Exc. Graf Taaffe 9) habe diesen Gedanken — ich sass zum Glücke auf einem Sessel mit einer Lehne — plausibel gefunden, nur E. Excellenz haben nicht gleich beigestimmt, sondern Schwierigkeiten gemacht und so sei aus der Sache auch nichts geworden, weil Graf Taaffe, als Baron Hye wieder auf seinen Plan zurückkam, sagte: ,,Lassen wirs gehen, der Braun mag nicht“ 10). !) Z. 17/TO/1895. 2) Z. 15/TO/1896. 3) Z. 4/TO/1898. 4) Z. 89 und 90/TO/1843. 5) Z. 18 und 20/TO/1883. — Vgl. KhM, MD-Inventar I, S. 1 ff., 33 ff., 75 ff., 131 ff. und dazu den Plan in Z. 5884/OMeA/1894. 6) Z. 5884/OMeA/1894, ll/TO/1894. 7) Der Kabinettssekretär Joseph Ritter Kundrat von Lüftenfeld war zwischen 1891 und 1901 Wappenkönig-Stellvertreter des Toison-Ordens, hierauf bis 1908 Wappenkönig. 8) Kabinettsdirektor Adolf Freiherr von Braun bekleidete die Kanzlerstelle des Toison-Ordens von 1881 bis 1904. 9) Ministerpräsident, Geheimer Rat und Kämmerer Eduard Graf Taaffe war Kanzler des Leopolds-Ordens vom 31. März 1890 (Z. 72/LO/1890) bis 29. November 1895 (Z. 220/LO/1895). 10) Z. 15/TO/1894. 2 Festschrift, II. Band.

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