Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 57. Johannes Baur (Brixen): Die Brixner Synode von 1318 in ihrer liturgiegeschichtlichen Bedeutung

Die Brixner Synode von 1318 in ihrer liturgiegeschichtlichen Bedeutung. 137 Die Aufbewahrung der Pyxis erfolgte bald in der Sakristei, bald in einem Wandschrank (Wandtabernakel) neben dem Altar, auf dem Altar in einem auf der Mensa aufgestellten Behälter (Tabernakel) oder endlich durch Aufhängen oberhalb des Altares. Eiserne Türen zu Wandtabernakeln mit entsprechenden Inschriften finden sich in der Diözese z. B. in Maréit und in Täufers (Pustertal). Im 14. und 15. Jahrhundert wurde das hist. Sakrament sehr häufig in den sogenannten Sakramentshäuschen aufbewahrt. In der Diözese haben wir noch solche in Sarns bei Brixen, in Weißenbach und in Täufers 1). Die Aufbewahrung des hist. Sakramentes in Wandschränken und Sakramentshäuschen war besonders in deutschen Landen sehr beliebt, so daß die Brixner Synode von 1603 die Aufbewahrung des hist. Sakramentes in einem an der Evangelienseite des Chores angebrachten Wand­schrankes als „mos germanicus“ bezeichnet 2). Der Brauch, das hist. Sakrament schwebend über dem Altar aufzubewahren, ist schon für den Ausgang des ersten Jahrtausends mit Sicherheit bezeugt. Seit dem Jahre 1000 wird er immer häufiger. In Frankreich hat sich der Brauch in der Kathedrale von Amiens bis zur Stunde erhalten. In England fand der Brauch bis zur Reformation eine solche Ver­breitung, daß man ihn förmlich als „englischen Brauch“ bezeichnete. In Spanien, Italien und Deutschland war die Aufbewahrung des Allerheiligsten durch Aufhängen nur wenig in Übung und kam schon vor Ablauf des Mittelalters außer Gebrauch 3). Daß dieser Brauch im beginnenden 14. Jahrhundert auch in der Brixner Diözese bestand und sich wahrscheinlich einer gewissen Beliebtheit erfreute, beweist c. 5 der Synode von 1318, worin die Anbringung der hängenden Pyxis über dem Altare erneut vorgeschrieben wird entgegen dem indirekten Verbot des 4. Laterankonzils (c. 20) vom Jahre 1215, das fast wörtlich im selben c. 5 der Brixner Synode von 1318 enthalten ist. Wenn St. Beissel4), der übrigens diese Bestimmung über die hängende Pyxide fälschlich auf die Brixner Diözesansynode von 1296 verlegt5), aus dem Text: ,,... super altare majus elevatum dependeat ...“ schließt, daß in der Brixner Diözese im 13. und 14. Jahrhundert noch Ciborienaltäre bestanden, so muß ihm entgegengehalten werden, was Braun 6) über die verschiedenen „Vorrichtungen zum Aufhängen des eucharistischen Behälters“ darlegt: Der Behälter hing vielfach an einer Kette oder Schnur über dem Altar. Die Kette usw. konnte wohl an der Unterseite des Daches des Ciboriums befestigt sein (im 13. Jahrhundert wird man in der Brixner Diözese wohl ganz selten noch ein Ciborium gefunden haben), sonst an der Decke der Kirche oder an einem Ständer oder Krummstab, der hinter der Mensa aufgestellt wär. Solche Krummstäbe waren weit verbreitet und standen noch im 17. und 18. Jahrhundert in gleicher Verwendung. Die Pyxis war oben am Deckel mit einem Ring oder Haken zum Aufhängen ausgestattet. Oftmals wurde statt der Pyxis die „Eucharistische Taube“ verwendet, die eine kleine Büchse mit den hl. Species in sich schloß. In unserem Can. ist aber von der „columba“ keine Rede. Can. 5 schreibt ferner vor: „. . . Pyxis . . . aliquo decenti ornamento coopertum“. Darunter haben wir uns ein velum zu denken, das ähnlich unserem heutigen Ciboriummäntelchen den Behälter umgibt oder einen Baldachin, der über der Pyxis angebracht ist. Dieser kleine Baldachin hieß in den englischen Inven- tarien „coopertorium“ 7). x) Hula F., Die Totenleuchten und Bildstöcke Österreichs, Wien 1948 (Verl. Poech), 8. 70 nennt das Tauferer Sakramentshäuschen ein „Lichthäuschen“, das „möglicherweise . . . ursprünglich ein Sakramentshäuschen“ gewesen ist. 2) Constitutiones Synodi Brixinensis 1603, Tit. De eccles. n. 11, p. 54. 3) Braun J„ a. a. 0., II, S. 599 ff. 4) Münzenberger E. F. A.—Beissel St., Zur Kenntnis und Würdigung der Mittelalterlichen Altäre Deutschlands, II, Frankfurt 1895 bis 1905, S. 106. 5) Witte, a. a. 0„ S. 44. 6) Braun J„ a. a. O., H, S. 619—623. 7) Ebenda, S. 616—618.

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