Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VIII. Kunstgeschichte - 80. Dietrich W. H. Schwarz (Zürich): Zwei gotische Archivschränke aus Zürich. (Mit 3 Tafeln.)

516 Schwarz, von 1 bis 13 numeriert. Weiter finden sich zahlreiche aber stark verwischte Kreide­aufschriften, zum Teil noch aus dem 16. Jahrhundert (so etwa: „Künig zu Franckrich verschrybungen‘ ‘). Um die Schränke in die Zürcher Archivgeschichte einzuordnen, wurde natürlich eine Konfrontation mit den ältesten Inventaren oder Registern des Staatsarchivs durchgeführt. Es ergab sich dabei, daß die von I bis L numerierten Etiketten, auch was die Reihenfolge betrifft, beinahe wörtlich mit einem Register, das im 18. Jahrhundert angefertigt worden ist, übereinstimmen, ja daß man sogar mit großer Wahrscheinlichkeit bei Register und Etiketten den gleichen Schreiber vermuten darf1). Die älteren Etiketten hingegen stimmen mit einem Register überein, das 1555 von dem damaligen Stadtschreiber Johannes Escher angelegt wurde, das uns aber nur in einer Kopie des späteren Bürgermeisters Leu aus dem 18. Jahrhundert erhalten ist 2). Die Reihen­folge der Schubladen weicht hier allerdings vom Register etwas ab; dies ist durch das Fehlen einer alten Numerierung der Schubladen leicht erklärlich. Die erste, für uns faßbare Ein­teilung des 16. Jahrhunderts wurde durch diejenige des 18. nur wenig modifiziert; die Einteilungs­prinzipien scheinen die gleichen geblieben zu sein. Vor der Anbringung der neuen Etiketten wurden die alten sorgfältig entfernt und nur dort belassen, wo sie noch Bedeutung behielten. Auf diese alte Archiveinteilung, die sicherlich schon auf die mittelalterliche Gruppierung der Urkunden durch die Stadtkanzlei zurückgeht und die heute noch in der Urkunden­abteilung ,,Stadt und Landschaft“ des Staatsarchivs Zürichs beibehalten ist, soll hier nicht weiter eingegangen werden. Es sei lediglich noch bemerkt, daß die große Gruppe der Urkunden zur Erwerbung und Verwaltung des Zürcher Territoriums in dem dritten, im 17. Jahrhundert angefertigten Renaissanceschrank, der heute noch in der Sakristei steht, untergebracht waren3). Datierung. Während wir nun über das Alter der Aufschriften orientiert sind, fehlt uns noch eine genauere Kenntnis der Entstehungszeit der Schränke selbst. Aus stilistischen Gründen müssen wir die Datierung ,,1440/50“, wie sie der Katalog des Schweizerischen Landes­museums gibt, ablehnen. Wenn wir auch nahe verwandte Stücke nicht feststellen konnten, so dürften sowohl die Komposition wie auch die Einzelformen der Ziermotive eine Ent­stehung zu Ende des 15. Jahrhunderts wahrscheinlich machen4). Von anderer Seite her scheint sich eine Bestätigung dieser Ansicht zu ergeben. Wir sind in der glücklichen Lage, daß die Rechnungen und Akten zur Baugeschichte und Ausstattung des Großmünsters bis zum Jahre 1525 publiziert sind. K. Escher hat sie ediert 5). Zum Jahre 1480 werden dort Ausgaben von 21 lb. und 7 s. verzeichnet für den großen Kasten in der Sakristei6). Nun gab es allerdings im Großmünster zwei Sakristeien: die große auf der Höhe des Chors, zwischen diesem und dem Kreuzgang, und die obere oder kleinere südlich des Chors über der Zwölfbotenkapelle und nur auf einer Treppe zu erreichen. Hier haben sich die Urkunden von Stadt und Stift befunden. Nach dem Eintrag war der Transport des Schrankes eine schwierige Angelegenheit, so daß wir annehmen dürfen, er sei für die obere Sakristei bestimmt gewesen 7). Wozu er zunächst zu dienen hatte, ist nicht gesagt. *) *) Staatsarchiv Zürich, Kat. 404. 2) Staatsarchiv Zürich, Kat. 403. 3) Escher K., a. a. O., S. 148. 4) Damit stimmt auch die Datierung K. Eschers überein. 5) Escher Konrad, Rechnungen und Akten zur Baugeschichte des Großmünsters in Zürich, Anzeiger für Schweiz. Altertumskunde, Bd. XXIX—XXXII, Zürich 1927—1930. •) Escher, Rechnungen, ASA XXX, S. 115 f. 7) Dies im Gegensatz zu Escher.

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