Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VIII. Kunstgeschichte - 80. Dietrich W. H. Schwarz (Zürich): Zwei gotische Archivschränke aus Zürich. (Mit 3 Tafeln.)

514 Zwei gotische Archivschränke aus Zürich. Von Dietrich W. H. Schwarz (Zürich). (Mit 3 Tafeln.) Alte Archivschränke können für die Geschichte eines Archivs, aber auch für die Erkenntnis der allgemeinen Archiventwicklung von hohem Werte sein. Allerdings sind solche Ausstattungsstücke recht selten geworden. Die Neuordnungen der Archive im 17. und 18. Jahrhundert und die Errichtung neuer Archivgebäude im 19. Jahrhundert haben, ganz abgesehen von Kriegsereignissen und Unglücksfällen, sicherlich zum Verlust vieler interessanter Stücke geführt. Um so eher mag es gerechtfertigt erscheinen, wenn in dieser Festgabe zum Wiener Archivjubiläum auf zwei solche Schränke, die das Schweizerische Landesmuseum in Zürich sein eigen nennen kann — die aber bisher kaum näher beachtet wurden —, hingewiesen wird. Die beiden Schränke, die man als Gegenstücke bezeichnen kann, stammen aus der oberen Sakristei des Großmünsters zu Zürich. In diesem Raum hat sich schon in vor- reformatorischer Zeit ein Teil des Urkundenarchivs der Stadt befundenJ). Nach der Reformation, als das Kirchengebäude Staatseigentum geworden war, konnte über den Raum noch unbeschränkter verfügt werden. Bis zur Schaffung eines eigentlichen Staats­archivs im 19. Jahrhundert blieb die wichtigste Urkundenabteilung Zürichs (mit der Bezeichnung ,,Stadt und Landschaft“) in diesem Raum aufbewahrt 2). Später wurde er als Nebendepot des Archivs benutzt und erst im Jahre 1931 vollständig geräumt und wieder kirchlichen Zwecken überlassen. Die Urkunden waren in drei hölzernen Schränken geborgen. Diese waren nach der Überführung der Archivalien leer geblieben und die beiden älteren aus spätgotischer Zeit wurden 1895 dem Schweizerischen Landesmuseum in Zürich verkauft. Nach Vornahme einer eingreifenden, damaligen Methoden entsprechenden „Renovation“ brachte man die zwei Schränke im Raum 19 des Museums unter. Seither sind sie hier geblieben. Ihre ungünstige Aufstellung in einem dunkeln Durchgang ließ sie aber bis heute kaum zu gebührender Geltung kommen, obschon sie im Jahresbericht 1895 des Schweizerischen Landesmuseums (mit der Zeichnung eines Schrankes von J. Zemp) und von A. Largiadér 1937 und K. Escher 1939 erwähnt worden sind 3). Beschreibung (vgl. auch Tafeln VII—IX). Zwei breite doppeltürige Schränke aus Tannenholz (Inventarnummer LM 1358 — den einen nenne ich A, den andern B), Füße, Bekrönungen und senkrechte Schlagleisten in der Mitte in rot und blau teilbemalter Flachschnitzerei. Leider konnte nicht eindeutig abgeklärt werden, ob es sich bei diesen Flachschnitzereien um alten Bestand handelt, oder ob sie Ergänzungen oder gar freie Zutaten aus der Zeit der „Renovation“ von 1895 sind. x) Schweizer Paul, Geschichte des Zürcher Staatsarchivs, 77. Njbl. z. Besten d. Waisenhauses, Zürich 1894, S. 8 f. Die neueren Untersuchungen ergaben allerdings, daß der Raum schon viel früher, schon im 13. Jahrhundert, entstanden ist. Zunächst und auch später diente er kirchlichen Zwecken. 2) Um 1837 (Anstellung eines eigentlichen Staatsarchivars, G. Meyer von Knonau) erfolgte die Überführung der Urkunden ins damalige Staatsarchiv im Fraumünster. Schweizer P., a. a. O., S. 36; Largiadér Anton, Das Staatsarchiv Zürich 1837 bis 1937, Zürich 1937, S. 24. 3) Largiadér A., a. a. O., S. 31; Escher Konrad, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Bd.IV, Die Stadt Zürich, I. Teü, S. 162. (Angaben teüweise nach der vorliegenden Arbeit zu berichtigen!)

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