Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 51. Karl Bednar (Wien): Zur mittelalterlichen Besiedlungs- und Grundbesitzgeschichte der Schneeberggegend

40 Bednar, Namens Richenza, die Gattin des Gerold von Immenhausen x). Es wird demnach auch von dieser Seite her (auf Grund des Rufnamens Richinza) wahrscheinlich, daß die ver­mutete Vorfahrin der Richinza von Perg-Waldegg (nämlich die ältere Richinza von Külb) ihren Rufnamen von der Richenza von Reinhausen geerbt hatte, d. h., daß die ältere Richinza von Külb durch ihre Mutter eine Enkelin des Meginhard von Formbach und der Mathilde von Reinhausen, sowie eine Schwester Hermanns von Augsburg und der erschlossenen Gattin Haderichs von Hadersdorf gewesen sei. Da also der gesamte Ort Willendorf am Frauenbach vor der Mitte des 12. Jahr­hunderts in der Hand dreier Nachkommen zweier Töchter von Graf Rapotos zweiter Gattin aus der Meginhard-Linie der Formbacher gewesen war, so müßte nun untersucht werden, ob nicht vor der Bestiftung der Siedlung Willendorf der Grund und Boden dortselbst elterliches Erbe der Zweitgattin Rapotos von Cham gewesen sei und letzterem als Teil des Heiratsgutes derselben in die Ehe gebracht worden sei. Gerade im Hinblick darauf könnte es bedeutsam sein, daß in den benachbarten Orten Urschendorf und Winzendorf Besitz der Benedikta von Ollersbach festzustellen ist* 2). Da diese Benedikta als Tochter des Grafen Heinrich von Formbach 3) eine Enkelin des Quinziggau-Grafen Bruno, eines Bruders des oft erwähnten Grafen Meginhard IV., gewesen war, so erscheint also Besitz dieser Enkelin Benedikta des Grafen Bruno in Nachbarlage zum Besitz dreier Nachkommen des Bruno­bruders Meginhard. Man könnte demnach vermuten, daß hier einstens ein einheitliches Besitzgebiet der Eltern dieser beiden formbachischen Brüder Vorgelegen sei; freilich könnte diese Besitznachbarschaft auch Zufall sein. Ob die erstere oder die zweite Möglichkeit tatsächlich zutrifft, zeigt nachstehende Überlegung. Sofern der Grund und Boden für die nachmalige Siedlung Willendorf am Frauenbach überhaupt früher formbachischer Besitz gewesen und erst durch seine Zweitgattin aus formbachischem Haus als Heiratsgut derselben an den Grafen Rapoto gekommen sein sollte, dann könnte dieses Willendorf frühestens erst von einer Tochter Rapotos mit Namen Willa bestiftet worden sein und diesen Ortsnamen erhalten haben, da ja unter den mütterlichen Vorfahrinnen, also jenen der zweiten Gattin Rapotos von Cham, oder deren Schwestern, der Rufname Willa nicht nachweisbar ist, wohl aber die Altmutter (Ururgroßmutter) ihres Vaters Rapoto — nämlich die Salzburggau-Gräfin Willa — diesen Namen führte. Weil nun aber in Willendorf später Besitz von Nachkommen zweier Töchter Rapotos festzustellen ist, so hätte unter obiger Voraussetzung in einem Ort solchen Namens, also der Stiftung und dem Besitz der einen Rapototochter namens Willa, kaum auch die andere Tochter und deren Nachkommen Besitz erlangt. Demgemäß ist der Grund und Boden für Willendorf ehemals gar nicht formbachisch, darum auch nicht Heiratsgut der Meginhardtochter an den Grafen Rapoto gewesen. Der Besitz der Benedikta von Ollersbach, der Enkelin des Formbachers Bruno in Urschendorf und Winzendorf, konnte also mit Willendorf einstens kein einheitliches Besitzgebiet gebildet haben, sondern der Grund und Boden des letzteren Ortes mußte schon vor Rapotos Zweitheirat dessen Eigen gewesen sein. Wenn somit, wie dargelegt, das Willendorfer Gebiet schon vor der Zweitheirat Rapotos in dessen Besitz gewesen war, von welcher Willa mag dann dieser Ort Willendorf am Frauenbach seinen Ortsnamen haben, bzw. wann und von wem wird er auch tatsächlich bestiftet worden sein ? Nach obigem müßte also der Ortsname dieser Siedlung doch wohl nur auf Willa, die Altmutter des Grafen Rapoto, zurückgehen, wenn auch bloß mittelbar; denn noch zur Lebenszeit der im Jahre 963 als einzigesmal bezeugten Salzburggau-Gräfin Willa kann ja die Bestiftung dieses Ortes am Südwestrand des Wiener Neustädter Stein­feldes kaum erfolgt sein, worauf schon oben hingewiesen worden war. Der Ortsname wird x) Genealog. Handb., I., S. 45, Nr. 28 nach Ad. Cohn, a. a. O. 2) Vgl. C. Plank, Siedlungs- und Besitzgeschichte der Grafschaft Pitten, I., S. 60, Anmerkung 37, nach Mon. Boica, Bd. 28, S. 40 und 112. 3) Kam. Trotter in Dungerns Genealog. Handb. z. bair.-österr. Gesch., I., S. 38.

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