Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VI. Kirchengeschichte - 62. Hubert Jedin (Bonn): Bischof Domenico de Domenichi und Kaiser Friedrich III. Ein Beitrag zur Geschichte der Beziehungen zwischen Reich und Kurie im 15. Jahrhundert

Bischof Domenico de Domenichi und Kaiser Friedrich III. 267 Nation verstimmen, die wie keine andere dem HL Stuhl ergeben sei. Die Ehre des Papstes erleide keinen Eintrag, wenn er dem Gebot der Klugheit folge und seinen Kandidaten, der auf allgemeine Ablehnung stoße, fallen lasse. Die ganze Nation, ruft Domenichi aus, wird Ärgernis nehmen, wenn man sich über das Konkordat hinwegsetzt! Man sieht deutlich: in Domenichis Rede dominieren die politischen Argumente für die Bestätigung des Sonnenbergers; für die juristischen verweist er selbst auf ein Rechtsgutachten des kürzlich verstorbenen Konsistorialadvokaten Joachim von Narni, das aber nicht erhalten zu sein scheint. Ihren Tenor kennen wir auch ohne dieses aus den Appellationen und Schrift­sätzen der Sonnenberger Partei: die Unverletzlichkeit des deutschen Konkordates. Domenichi bezeichnet die Versuche der Gegenpartei, die Provision Ludwigs mit dem Konkordat in Einklang zu bringen, als bloße Ausflüchte. Auch in der Konstanzer Sache drang der Standpunkt des machtlosen Kaisers trotz der geschickten und historisch weitblickenden Vertretung desselben durch Domenichi an der Kurie nicht durch. Im Licht der Ereignisse des folgenden Jahrhunderts darf man ihm aber nicht das Zeugnis versagen, daß sein Rat, die Gefühle der deutschen Nation zu schonen, ein guter Rat war. Über das persönliche Verhältnis Domenichis zu Kaiser Friedrich III. in den 1470er Jahren besitzen wir zwei Dokumente sehr verschiedenen Charakters, deren bereits Erwähnung geschah, auf die wir aber jetzt noch einmal zurückkommen müssen. Das erste und bei weitem interessantere ist Domenichis Brief vom 30. Juni 1472 an den damals 13jährigen Sohn Friedrichs, den späteren Kaiser Maximilian I. x). Es ist möglich, aber nicht sicher, daß der Mitte Juli an den Kaiserhof abgehende Nuntius ihn mitnahm. Wir haben hier einen kleinen Prinzenspiegel vor uns, der aber keineswegs in allgemeinen, moralischen Erwägungen stecken bleibt, sondern recht gut auf den Empfänger zugeschnitten ist. So ermahnt Domenichi den jungen Erzherzog, in der Frömmigkeit seinen Vater nachzuahmen, der schon als Jüngling nach Jerusalem gewallfahrtet sei, desgleichen in der Einfachheit der Hofhaltung, durch die er unter den Fürsten Deutschlands fast als Ausnahme dastehe. Wenn er dann fortfährt, die Verschwendungssucht seines Oheims Albrecht — deren Zeuge der Bischof selbst gewesen sei (ut olim in Alberto archiduce notavi f. 185r) — möge ihm als warnendes Beispiel dienen, so fragt man sich, ob hier der Beobachter aus der Ferne nicht schon in dem Knaben die später hervortretende Unfähigkeit hauszuhalten im Keim erkannt hat. Als Lektüre empfiehlt er ihm die Briefe des hl. Hieronymus und dessen Werk gegen Jovinian; die Warnung vor Venus und Bacchus verstärkt er durch die Erinnerung an die verstorbene Mutter, die unter den Fürstinnen ihrer Zeit wie ein Morgenstern geleuchtet habe. Bilde deinen Geist aus, ruft er dem Prinzen zu; die Großen der Geschichte haben schon in jungen Jahren Großes vollbracht: Oktavian übernahm mit zwanzig Jahren die Erbschaft Cäsars, und Alexander ging in diesem Alter daran, die Welt zu erobern! Am Schluß steht der Wunsch: Werde glücklicher als Augustus und besser als Trajan! Diese Beispiele, dazu die Zitate aus Klassikern (Vergil, aber auch Horaz) so wie die empfohlene Lektüre weisen diesem Prinzenspiegel einen Platz in der Geschichte humani­stischer Erziehungsweisheit an. Für uns ist er ein Beweisstück dafür, daß die persönlich freundschaftlichen Beziehungen Domenichis zum Kaiser sich auch auf dessen Familie erstreckten. Umgekehrt gab Friedrich im Jahre 1477 nicht nur Domenichi persönlich, sondern auch seiner Familie und seinem Bistum noch einen Beweis kaiserlicher Gunst. Es scheint, daß der Bischof damals, wohl weil er sein Ende näherkommen fühlte, noch einmal eine Reise zum Kaiser unternommen hat, über deren sonstige Veranlassung und über deren Verlauf wir nicht unterrichtet sind. Wir wissen nur, daß Domenichi den Kaiser in Krems aufgesucht 1) Der schon oben Anm. 29 erwähnte Brief D.s an Erzherzog Maximilian vom 30. Juni 1472 findet sich \ at. lat. 4589, f. 181r—1891'; inc. Salve princeps inclite. Nach Schlecht, Zamometic, 152 f., wurden am 13. Juli 1472 der Erzbischof von Kreta in das Rheinland und der Bischof von Regensburg zu Friedrich III. abgefertigt; der letztere käme als Überbringer in Frage.

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