Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

I. Archiv-Wissenschaften - 5. Karl Lechner (Wien): Das Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz, seine Geschichte und seine Bestände, nebst Regesten

88 Lechner, Das Copialbuch ist also zweifellos in Formbach hergestellt worden, u. zw. bald nach 1407; die Urkunden von 1410 (Verleihung der Hofkaplanwürde durch Herzog und Pfalzgraf Heinrich von Bayern an den Abt von Formbach, vor allem aber der Leibgedingrevers der Stubenberger über den Zehent zu Pottschach; Mon. Boica IV, S. 179 ff.) sind noch nicht darin enthalten. Damit erweist sich dieses Copialbuch älter als jene beiden in München, Hauptstaatsarchiv, Formbacher Lit. 3 (Quart in Pergament, 33 Folien) und 4 (Quart in Papier, 122 Folien) aus der ersten und der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts1). Auch diese Hand­schrift verrät besonderes Interesse für österreichisch-steirische Verhältnisse. Sie erlag zweifel­los in Gloggnitz, denn der Hinweis auf ,,ain Matricula darinn des Gottshauß Formbach Briuilegia eingeleibt“ im Inventar der Propstei von 1566 (siehe oben S. 56) bezieht sich zweifellos darauf. Handschrift 3 stellt ein Copialbuch aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts dar. Es ist eine Papierhandschrift, gebunden in einen mit braunem Leder überzogenen Holzdeckel. Sie enthält 250 Seiten, davon 243 paginiert, auf dem Deckel sind eingepreßt: ,,W. A. I. V. 1712“, was „Wolfgangus abbas in Vornpach“ bedeutet (Wolfgang Islinger war von 1688 bis 1723 Abt des Stiftes Formbach). Zumindest gebunden wurde der Band also 1712, fertiggestellt wurde er wohl einige Zeit vorher. Er enthält „Litterae, Privilegia, Fundationes mon. Varn- bach.“ An den Anfang gestellt ist die „Vita Beati Birntonis a Gerocho Reicherspergensis Prep, conscripta“ — was bekanntlich falsch ist 2). Dann folgen die ältesten Traditionen, beginnend mit dem Bericht Abt Berengers usw., ähnlich wie im Copialbuch I. Hierauf folgt nach einigen Urkunden die schon oben erwähnte Nachricht vom Tode Graf Ekberts vor Mai­land und seiner Bestattung in Formbach, ursprünglich fälschlich zu 1109 gesetzt, dann in 1159 verbessert. Am Rande steht die Inschrift des Stiftergrabsteines (Ekbert I.), so wie sie sich in einer Seitenkapelle der ehemaligen Klosterkirche von Formbach noch heute findet 3). Dann folgt die bekannte „Genealogia Fundatorum“ mit ihren schweren Irrtümern 4 *). Der Schreiber bemerkt dann, daß er über viele Besitzungen nichts mehr finde und daß sie entfremdet und vertauscht wurden und daß viel verloren sei. Endlich folgt die Reihe der Urkundenabschriften, vielfach in deutscher Übersetzung. Die letzte ist vom Jahre 1699; die Protektion des Klosters durch Kaiser Leopold vom Jahre 1704 ist bereits mit späterer Schrift nachgetragen. Es finden sich auch kritische Bemerkungen zu einzelnen Urkunden, so etwa bei der Urkunde Johannes Capistrans für Gloggnitz (siehe oben Urk. Nr. 131) den Beisatz „nunc canonizato“ oder anläßlich einer Bestätigung der früheren Mautfreiheiten durch Bischof Philipp von Passau von 1699 die Bemerkung, daß die Freiheiten die ganze Zeit vorher nicht mehr bestätigt wurden, „aber die Taxe für die Bestätigung ist teuerer als die Mauttaxe“, oder endlich Bemerkungen über Reliquienerwerbung usw. Daß der Band für 1) Frdl. Angabe des Hauptstaatsarchivs in München. Vgl. A. Brackmann, Germ. Ponti­ficia I, S. 185 f., und die Zitate dieser Copialbücher bei F. Martin, SUB. II und III, Nr. 418 und 898. Daß ein „Cop.-Buch von ca. 1407“ in Mon. Boica 31 a, S. 389, für das Diplom Konrads III vom Jahre 1141 angeführt wird, wurde schon erwähnt. Ebenso, daß unser Gloggnitzer Copialbuch als das ältere und zuver­lässigere angesehen werden muß. — Ich verdanke dem BHSt. München noch folgende Angaben über Copial­buch Formb. Lit. 3: Es ist von fol. 1—32 oben von einer Hand geschrieben und enthielt 52 Urkunden- Abschriften (die älteste vom Jahre 1139: Papst Innozenz II.); auf fol. 32 folgen dann Eintragungen von verschiedenen Händen, auf fol. 32' ist wieder von einer anderen Hand ein Breve Papst Martin V. vom Jahre 1424 kopiert, endlich eine Urkunde von 1435 und auf fol. 33r zwei kurze Eintragungen von verschiedenen Händen: Indulgenzbriefe u. Traditionsnotizen sind nicht enthalten. Man muß also annehmen, daß die Eintragungen der ersten Hand zwischen 1407 und 1424 erfolgt sind. Auch hier wäre ein genauer Vergleich zwischen dem Gloggnitzer und dem Münchner Copialbuch notwendig. 2) Die Vita ist erst um 1200 geschrieben; vgl. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen6, II. Bd., S. 309 f. 3) Die Kunstdenkmäler von Niederbayern, IV. Bd., BA. Passau, S. 255 ff. 4) Vgl. OÖUB. I, S. 778 f., „aus einem Copialbuch des 15. Jahrhunderts“ gegenüber irriger Angabe „14. Jahrhundert“ in Mon. Boica IV, S. 9 f. Vgl. K. Trotter, Genealogisches Handbuch zur bairisch­österreichischen Geschichte, S. 37.

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