Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

IV. Quellen und Quellenkunde - 42. Karl Eder (Graz): Bernhard Raupach (16821745). Ein Beitrag zur Historiographie der österreichischen Reformationsgeschichtc

720 Eder, Bestreben nach Sachlichkeit hervortreten. So bringt er ein Bekenntnis Ferdinands I., in dem dieser seine den Protestanten freundliche Einstellung beteuert, in Großdruck. Unter den Einzelheiten des ersten Bandes ragen die Schriften über die Religions-Assekuration von 1571 hervor (S. 125 ff.). Einen Höhepunkt der Kritik bildet das dreißigste Kapitel, in dem sich Raupach über verschiedene, von Historikern in der Frage der Religions-Konzession von 1568 gemachte Fehler verbreitet. Die Sturmpetition der protestantischen Stände in der Wiener Hofburg 1619 läßt Raupach auf sich beruhen, weist jedoch Khevenhüllers Bemerkung, der Stände Absicht sei gewesen, den Grafen Thurn mit seinen Truppen in die Stadt einzu­lassen, Ferdinand in ein Kloster zu stecken, die Prinzen in ihrer Religion zu erziehen und den Geheimräten die Köpfe „herunterzuschmeissen“, als Erdichtung ihrer Feinde zurück. Da sich der Geschichtsschreiber an die Tatsachen hielt, entging ihm auch der ver­schiedene Ablauf der Ereignisse in den beiden Ländern Österreich unter und ob der Enns nicht. Allerdings erkannt er den tiefsten Grund, warum es zwar nur ein Erzherzogtum aber zwei Länder mit zwei Landschaften gab, nicht. Es war die ungeklärte staatsrechtliche Lage des Landes ob der Enns, die aufs engste mit dem ungemein verwickelten Werdegang dieses Landes verknüpft ist. Während die obderennsischen Landstände ihr Land als ein eigenes Erzherzogtum, gereiht nach Österreich unter der Enns, behandelt wissen wollten, stellten die übrigen Länder das in Abrede und verlangten die Reihung des Landes hinter Krain 1). Dieser „Präzedenzstreit“ zeigte sich sogar hartnäckiger als die Konfessionsfrage, die in allen übrigen Angelegenheiten ein gemeinsames Band um die protestantischen Landschaftsmit­glieder der österreichischen Erbländer schlang. 5. Nach ähnlicher Methode und Auffassung sind auch die übrigen Bände gearbeitet. Überschriften und kleine Texte verbinden die in einer Art von Mosaikmethode chronologisch aneinandergereihten Urkunden, Briefe und Aktenstücke. Im wesentlichen ist der in früheren Geschichtswerken übliche Annalen- und Chronikenstil beibehalten, doch immerhin bereits etwas verfugter. Die moderne Methode, die alle aus den Quellen gewonnenen Resultate im Zusammenhalt mit der gedruckten Literatur nach verschiedenen Gesichtspunkten verar­beitet, lag der Zeit Raupachs noch nicht. Sie war noch nicht zur Architektonik eines nach einem einheitlichen Grundriß aufgeführten und klar durchgegliederten Baues vorgedrungen, sondern blieb noch immer beim Anschütten des Baumaterials stehen. a) Band zwei führt als gedruckte Quellen an: den Codex Austriacus und zwar wegen seiner Generalien und Patente zum Religions wesen, die allerdings aus der Zeit Maximilians II., Rudolfs II. und Matthias’ fehlen; den Conspectus Historiae Universitatis Viennensis (besonders 2. und 3. Teil) von P. Sebastian Mittendorfer SJ. (Wien 1724 und 1725), ein aufschlußreiches, wenngleich mit manchen Irrtümern belastetes Werk; endlich die Germania Sacra von P. Mar­cus Hansiz SJ. (2 Folianten, Augsburg 1727 und 1729), dem er schmähsüchtige Schreibart und sogar „elende Gemütsbeschaffenheit“ vorwirft. Die ungedruckten Quellen verzeichnet der Verfasser an Ort und Stelle. Als Förderer erscheinen auf: Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach auf Guttenburg, Geheimer Rat der Reichsstadt Nürnberg, oberster Pfleger der Kirchen und Schulen, Lorenz Hertel, Hochfürstlicher Hofrat und vieljähriger Bibliothekar zu Wolfenbüttel, D. Valentin Ernst Löscher zu Dresden, Oberkonsistorialrat D. Ernst Salo­mon Cyprian zu Gotha, Kirchen- und Konsistorialrat, D. Gustav Georg Zeltner zu Poppen­reuth, Senior M. Gottfried Balthasar Scharff zu Schweidnitz, M. Michael Lilienthal zu Königs­berg und als Hauptförderer Johannes Georg Schelhorn zu Memmingen. Dieser verfaßte eine, in zwei Sendschreiben enthaltene und dem Bande beigedruckte Nachlese. Der gelehrte Prediger und spätere Pfarrer und Superintendent von Memmingen, Schel­horn (1694—1773) 2), spricht von Raupach als seinem „teuersten Herzensfreund“. Er stand 1) K. Eder, Die Stände des Landes ob der Enns 1519—1525 (1926), 12 ff. und K. Eder, Glaubens­spaltung und Landstände in Österreich ob der Enns 1525—1602 (1936), 110 f. 2) D. F. Braun, J. G. Schelhoms d. Ä. Leben und Wirken. Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte 4 (1898), 146—164; 5 (1899), 195—223.

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