Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

I. Archiv-Wissenschaften - 5. Karl Lechner (Wien): Das Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz, seine Geschichte und seine Bestände, nebst Regesten

Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz. 55 An der Errichtung einer „cella“, einer vom Mutterkloster abhängigen kleinen klöster­lichen Niederlassung in Gloggnitz ist also nicht zu zweifeln; sie ist mindestens für das Jahr 1146 bezeugt! Schon am Ende des 12. Jahrhunderts finden wir dafür den Ausdruck „prepositura“, Propstei. Damals heißt es von einem Priester und Formbacher Mönch: „cum parrochiam et officium prepositur^ in Glocniz gubernaret“. Er tritt selbständig handelnd auf, erwirbt aber dort Besitz für das Mutterkloster x). Aus dem reichen, von uns weiter unten zu besprechenden Urkundenmaterial ersehen wir — um das vorwegzunehmen —, daß der Name „Propstei“ bestehen bleibt. Im Jahre 1334 ist zum erstenmal die Rede von dem „probst“ von Gloggnitz (s. u. S. 60, Urkunde Nr. 26), aber als Geschäftsherr tritt der Abt des Mutter­klosters Formbach auf. Im Jahre 1345 finden wir zum erstenmal ein Siegel eines Propstes, aber er erscheint darauf als „sacerdos“ (Urkunde Nr. 34); das Siegelfeld zeigt Maria mit dem Kinde, auf dem Throne sitzend — so wie das Siegel des Mutterklosters! Im Jahre 1353 tritt uns dann das Siegel eines „praepositus de Glocknitz“ entgegen; im Siegelbild erscheint zum erstenmal das redende Wappen der — Glocke! (Urkunde Nr. 41) 2). Der Propst handelt als Grundherr. Aber bald darauf, 1358/60, erscheint wieder der Abt von Formbach als solcher. Und nach einer kurzen Unterbrechung im gegenteiligen Sinn finden wir nun am Ende des 14. Jahrhunderts eine interessante Feststellung. Damals, im Jahre 1393 — zur Zeit des bedeutenden Abtes Konrad II. von Formbach —, anläßlich eines Streites über Grunddienste zwischen dem Kloster Formbach und dem Besitzer eines Hofes, läßt Herzog Albrecht III. als Schiedsrichter Kundschaft in Gloggnitz einholen, „um zu erfahren, ob ein Propst von Gloggnitz Gewalt habe, Dienste und Rechte von dem genannten Gotteshaus (Gloggnitz) zu verkaufen, zu verkommen und darüber zu siegeln“. Die Kundschaft ergab, „daß ein Propst solches Recht nicht habe“. Eine gegenteilige Verfügung des Propstes wurde daher als gegen­standslos erklärt. Bei der Urkunde liegen noch fünf gesiegelte Zeugnisse von Einheimischen, die besagen, daß ihnen „kund und wohl zu wissen ist, daß ein Propst von Gloggnitz keine Gewalt habe, von dem Gotteshaus daselbst zu verkaufen oder versetzen, Dienstrecht oder Grund zu verkommen und darüber zu besiegeln als lang ich denke“ (siehe Urkunde Nr. 76 a bis e und 77). Und tatsächlich finden wir jetzt immer als Geschäftsherrn, Partner und Siegler über Gut zu Gloggnitz den Abt von Formbach, selbst wenn er mit dem Siegel des Gottes­hauses Gloggnitz siegelt (Urkunde Nr. 121 vom Jahre 1437). Dazu trug wohl auch die schlechte Verwaltung durch Propst Liebhard Schnepf bei, der 1438 abgesetzt wurde (siehe u. S. 83). 1497 wird anläßlich von Streit über zu Gloggnitz gehörige Zehente mit dem Abt von Formbach verhandelt, „da solches die Propstei Gloggnitz als ein Zugehör des Klosters Formbach anrührt“ (siehe Urkunde Nr. 154). Um diese Zeit tritt uns auch der Ausdruck „Verweser“ des Gotteshauses Gloggnitz statt und neben „Propst“ entgegen. Aber vom Anfang des 16. Jahrhunderts an finden wir den „Propst“ von Gloggnitz unbehindert wieder als Träger von Rechtshandlungen und Siegler. Besondere Bedeutung sollte die Frage der Rechtsstellung der Propstei Gloggnitz im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts gewinnen. Sie wurde nämlich damals, wie die anderen Klöster des Landes, als Kammergut zu besonderen Kontributionen herangezogen. Dagegen wehrten sich nun Abt Leonhard II. (1563—1572) und sein Nachfolger Christian Sessler (1572—1595) mit dem Hinweis darauf, daß Gloggnitz weder eine Propstei sei noch eine war, sondern nur als exponierte Pfarre gelte und die Öko­nomie unter der Leitung eines Administrators und Verwalters stehe, der sich nur fälschlich *) *) OÖUB. I, S. 708 f., Nr. 260. 2) In dem reichen Urkundenmaterial des Formbaeher Bestandes im B. H. St. Archiv München findet sich kein direkter Hinweis auf einen Propst von Gloggnitz, außer in dem Bruderschaftsbrief für Gloggnitz von 1355, den Christian, der Propst von Gloggnitz, siegelt. Das Original dieser Urkunde ist ver­schollen; sie ist nur aus dem jüngeren Copialbuch, Lit. 4, Fol. 94r, bekannt. — Eine Liste der Pröpste von Gloggnitz findet sich bei L. H. Krick, a. a. O. (siehe Anmerkung 1). Sie läßt sich aus unserem Material noch ergänzen. So kennt er als ersten Propst eben nur diesen Christian, nicht aber den in den oben genannten Urkunden von 1334 und 1345 belegten Eberhard.

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