Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)
IV. Quellen und Quellenkunde - 37. Bertha Richter-Santifaller (Wien): Das Urbar der St. Ulrichskirche in Groden aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
566 Das Urbar der St. Ulrichskirche in Gröden aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Von Bertha Richter-Santifaller (Wien). ^Einleitung. Das im folgenden veröffentlichte Urbar der St. Ulrichskirche in Gröden 4) steht auf fol. lr—3V und fol. 5r—6r eines im Kirchenarchiv zu St. Ulrich aufbewahrten Pergamentkodex (18-5 b X 28 h) 2). Der Umschlag ist aus Pergament und trägt die Überschrift: „Sännet Vlrichs kirchen Vrbary“; von späterer Hand steht: anno 1430 c. Die Schrift ist eine Bastarda mit dicken und verhältnismäßig noch stark gebrochenen Formen und gehört ihrem Charakter nach der Mitte oder der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an 3). Der Hauptteil des Urbars ist von zwei Händen A und B geschrieben. Hand A schreibt von fol. lr—2V erster Absatz (Nr. 1—27) und fol. 5r—5V (Nr. 50—66). Unter den, mit einem Datum versehenen Eintragungen (Nr. 19, 20, 21, 26) bzw. aus den durch Urkunden zu erschließenden Datierungen (Nr. 1, 2, 5, 9, 11, 12, 15, 17, 34, 52) erscheint Nr. 26 mit dem Datum 1457 Jan. 21 als die zeitlich späteste; daher muß Hand A nach dieser Zeit geschrieben haben; den terminus ante quem aber stellt die Hand B dar, d. h. also vor 1469 Jan. 6. Hand B schreibt von fol. 2V zweiter Absatz bis fol. 3r sechster Absatz (Nr. 28—39). Diese Eintragungen sind sämtlich ohne Datierung. In Nr. 34 aber wird der Hof Palua als im Besitz der Ulrichskirche befindlich angeführt; dieser Hof wird aber erst von Minig Palmer von Pufels im Jahre 1469 Jan. 6 der Ulrichskirche verkauft. Demnach hat das Jahr 1469 als der terminus post quem für Hand B zu gelten, der terminus ante quem aber ist durch die zu Ende des 15. Jahrhunderts auf fol. llr desselben Kodex niedergeschriebenen Gottesdienstordnung 4) gegeben. Eine Reihe anderer teils gleichzeitiger, teils wenig späterer Hände haben einzelne Eintragungen bzw. Nachträge geschrieben u. zw. Hand C auf fol. 3r (Nr. 40—41). Hand D auf fol. 3r (Nr. 42) und weitere verschiedene Hände fol. 3V (Nr. 43—50) und auf fol. 6r (Nr. 67—70). * 2 3 4 J) Die St. Ulrichskirche in Gröden wird zum ersten Male 1342 genannt. Vgl. W. Moroder-Lusenberg St. Ulrich im Grödnertale, 1908, S. 39. — Siehe auch Atz-Schatz, Der deutsche Anteil des Bistums Trient 3, 1905, S. 286 ff. — Über Gröden vgl. Otto Stolz, Die Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte der Urkunden, Bd. 4, 1934, S. 245 ff. 2) Der Pergament kódex umfaßt 3 Bogen zu je 8 Blättern, also 24 Blätter. 3) Vgl. dazu Leo Santifaller, Tirolische Analekten IV. Eine Gottesdienstordnung der St. Ulrichs- Kirche in Gröden aus dem Ende des 15. Jahrhunderts in deutscher Sprache (Mitteil. d. Inst. 55, 1944, S.457). 4) Die oben Anmerkung 3 erwähnte Gottesdienstordnung ist auf fol. II3 und fol. llv desselben Kodex geschrieben und hat folgende Aufschrift: Hie sind vermerchkt die ampt vnd messen, die das gantz jar gesungen vnd gesprochen schullend werden in sand Vlreichs kyrehen in Greden. Die Entstehungszeit liegt zwischen 1469 und 1509. — Vgl. auch Thea Oschinsky, Das Urbar der St. Jacobskirche in Gardena von 1487 (Jahrbuch für Geschichte, Kultur und Kirnst 1931—1934, Bolzano 1934, S. 261—284).