Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)
I. Archiv-Wissenschaften - 1. Norbert Bischoff (Moskau): Einige Notizen über Geschichte und Organisation des Archivwesens der Sowjetunion
Geschichte und Organisation des Archivwesens in der Sowjetunion. 7 und Kinodokumente, das Zentrale Staatliche Historische Archiv Moskau x), das Zentrale Staatliche Kriegsgeschichtliche Archiv; das Zentrale Staatliche Archiv der Alten Akten 2); das Zentrale Staatliche Literaturarchiv — sämtliche in Moskau; ferner in Leningrad: das Zentrale Staatliche Archiv für die Kriegsflotte; das Zentrale Staatliche Historische Archiv Leningrad samt der Leningrader Filiale des Zentralen Staatlichen Kriegsgeschichtlichen Archivs. Die Archive der Bundes- und der Autonomen Republiken, der Kreise, Gebiete, Bezirke und Städte unterstehen ihren eigenen Archivdirektionen, die jedoch in allen grundsätzlichen Fragen an die Weisungen der Archivhauptdirektion gebunden sind. Um den durch diese bedeutende Organisationsarbeit dauernd und rasch wachsenden Bedarf an geschultem Archivpersonal nach Tunlichkeit zu befriedigen, wurde in den letzten Vorkriegsjahren das „Istoriko-Archiwnyi Institut“ konsequent und umfassend ausgebaut. Es wuchs zu einem eigenen, selbständigen Hochschulinstitut — etwa von Fakultätscharakter — mit komplettem vierjährigem Lehrgang heran. Im Jahre 1939 beträgt der Absolventenjahrgang bereits 156 Mann. Die Bewerbungen zum Eintritt sind nun schon so zahlreich, daß eine strenge Auswahl getroffen werden kann: auf einen freien Platz entfallen etwa drei Bewerber. Wie auf allen übrigen sowjetischen Hochschulen wird auch hier, wer sein Mittelschulstudium mit Auszeichnung abgeschlossen hat, ohne Aufnahmsprüfung zugelassen. Die übrigen haben sich einer Aufnahmsprüfung zu unterziehen, die russische Sprache, russische Literatur, Geschichte und Geographie umfaßt. Kein Zweifel kann bestehen, daß nach Beseitigung der drückenden Raumnot, unter der das Institut seit seiner Gründung leidet, eine wesentlich höhere Frequenz angestrebt und erreicht werden wird. Der Studienplan des Institutes enthält: die historischen Hilfswissenschaften, u. zw. Paläographie, Diplomatik, Epigraphik, Metrologie, Chronologie, Sphragistik, Heraldik, Genealogie und Numismatik sowie Quellenkunde mit insgesamt 300 Lehrstunden; Geschichte der Sowjetunion mit 480 Stunden; Staats- und Verwaltungskunde mit 180 Stunden; eine Reihe von Spezialkursen über Finanzwesen, Statistik, Photographie, Tonwesen, verschiedene technische Kenntnisse, Stenographie, Graphologie, Kryptographie, Sprachen der Völker der Sowjetunion, der europäischen Völker, sowie klassische Sprachen; schließlich, mit 740 Stunden, die Theorie und Praxis des Archivwesens. Als Aufgabe dieser letzteren Disziplin wird die Ausarbeitung der Theorie und die wissenschaftliche Begründung der Praxis auf dem Gebiete der Organisierung, der Verwahrung und der Verwertung des Archivmateriales bezeichnet. Sie umfaßt somit: allgemeine Dokumentenkunde; die Fragen der Klassifikation, der Systematisierung und der Experti - sierung; Theorie und Praxis der Aufstellung des archivwissenschaftlichen Auskunftsapparates und der Anlage der Behelfe; Grundbestände des einheitlichen Staatlichen Archivfonds; Präsenzkontrolle des Dokumentenmateriales; Organisation und Regelung der Benützung des Archivmateriales (Lesesaal, Anfragen, Kopien u. dgl. m.); Technologie der Verwahrung; Theorie und Praxis der Restaurierung und Konservierung; Fragen der Organisation, der Praxis und der Planung der produktiv-wissenschaftlichen Arbeit der Archive; Evidenz und Rechenschaftsbericht; Fragen der Ausbildung des Personales; Kontrolle der Archivarbeiten. Die außerordentliche Breite und Vielseitigkeit dieser Disziplin drängt offenbar zur Abspaltung von Sonderdisziplinen. Solche bestehen heute bereits für Geschichte und Organisation des Archivwesens sowie für ein „Archäographie“ genanntes Fach, das die Dokumentenkunde in sich schließt und sich mit der Methodik der Publikation des Dokuq Enthält vorzüglich die für die innenpolitische Entwicklung Rußlands im 19. und im Beginn des 20. Jahrhunderts relevanten Fonds. 2) Enthält nebst anderen wichtigen Fonds das Archivmaterial hinsichtlich der auswärtigen Politik Rußlands bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Über das außenpolitische Archivmaterial aus der folgenden Zeit verfügt das Ministerium des Äußern.