K. K. Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale 8. (Wien, 1911)
Fischer Karl R.: Gemeindegedenbücher
Gemeindegedenkbücher. 65 aber mag sehr wohl farbig sein, also das Gegenteil von phrasenhaft und farblos. Der Chronist befleiße sich einer natürlichen, schlichten Schreibweise, die ungesucht aber gegenständlich und anschaulich ist. Er bedenke, daß die Leser späterer Zeiten aus einem anderen Geiste begreifen werden, darum muß er ihnen die Ereignisse klar und eindringlich vor Augen führen. Was er berichtet, darf keineswegs belanglos sein, doch halte er immer mit seinem subjektiven Urteil zurück und lasse die Tatsachen reden. Eine gut geführte Chronik unserer Tage darf auch nicht erkünstelt altertümeln; sie muß vielmehr ein treues Bild unseres vielgestaltigen Lebens bieten und dem modernen Zeitgeiste gerecht werden. Sie wird nach und nach eine solche Fülle von Lebenserscheinungen zu registrieren Gelegenheit haben, daß sie nicht allein für die Ortsgeschichte, sondern auch für die Volkskunde und Mundart, für die Naturgeschichte der Gegend, für die Witterungskunde und verschiedene andere Wissenszweige Material ansammelt und in späteren Zeiten eine reiche Fundgrube abgeben wird. Die Namen der Chronisten aber — Punkt 4 der Bestimmungen ist zu beachten — werden der Zukunft mit mit umso größeren Ehren überliefert werden, je gewissenhafter sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Gewiß wird nicht jeder schon alles zum Werke mitbringen, was hier verlangt wurde; desto mehr aber wird er sich bei der Arbeit wachsen fühlen. Seine Beobachtungsgabe wird sich schärfen und das Verständnis für das Ortsleben wird ihm aufgehen, seine Sprachkraft wird sich entfalten, kurz es wird ihm seine Arbeit mit warmer innerer Befriedigung belohnt werden. Und auch die Gemeinde kann mit Stolz auf eine gut geführte Chronik blicken. Um das Interesse der Gemeindevertretung für die Tätigkeit des Chronisten rege zu halten, wird es sich empfehlen, wenn er sein Werk von Zeit zu Zeit vorlegt und über den Fortgang berichtet oder berichten läßt. Die Stadt 5