Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1885

6 Nun frage ich: Kann eine derartige Bewegung, wie sic die Kinder während der Promenade machen, genügend sein ? wirklich eine Leibesübung genannt werden? Nie und nimmer! Besonders wenn man sieht, wie diese lebhaften kleinen Liehen hübsch be- liandschuhet und mit Stock oder Schirm gleich einem behäbigen alten Herrn oder einer Modedame sittsam einherstolziren müssen. Das Spazierengehen ist gut und sehr gesund, aber allein für die Ausbildung des Körpers nimmerhin genügend. Nun wäre das Ballspiel im Freien da oder Gesellschafts-Spiele, welche eine lebhaftere Bewegung erfordern. Doch können diese höch­stens im Sommer als Aushilfsmittel gelten, — wo sie eben mög lieh sind; in der Hauptstadt aber — wir könnten es beinahe mit Bestimmtheit behaupten — selbst im Sommer nicht; da sie fürs erste keinen geeigneten Tummelplatz für Kinder besitzt, und das Stadtwäldchen viel zu entfernt liegt, um es täglich aufsuchen zu können; fürs andre aber ein grosser Teil der Eltern es für unschicklich hält, dass ihre Knaben, geschweige denn die Mädchen vor aller Welt und wer weiss, in welcher Gesellschaft Ball oder ein anderes Spiel treiben sollen. Eine gesunde und nützliche Bewegung für den Körper würde auch das Schwimmen bieten, das in der Hauptstadt ver­hältnismässig auch leicht geübt werden könnte, wenn für die verzärtelte liebe Jugend das Donauwasser nicht für zu kalt be­funden würde und das überaus beschäftigte Alter die nötige Zeit der gehörigen Aufsicht widmen wollte. Auch der Winter bietet Gelegenheit zu sehr nützlicher und gesunder Bewegung: das ist das Schlittschuhlaufen. Viele El­tern erlauben es auch ihren Kindern, den Knaben sowohl als den Mädchen, dass sie diese abhärtende, stärkende Unterhal­tung üben. Doch auch dieses Genusses werden die Kinder ver­hältnismässig selten, gewöhnlich nur an Sonn- und Feiertagen teilhaftig, weil die übrigen Stunden des Tages der geistigen Entwickelung gewidmet werden müssen. Dann gibt es auch Eltern, urd zwar in nicht geringer Zahl, die das mit Auslagen verbundene Schlittschuhlaufen in Folge ihrer materiellen Ver­hältnisse wol gestatten könnten, doch es aus übermässiger Be- sorgniss nicht erlauben, weil sich das Kind vielleicht erkälten, seinen Arm oder Fuss verrenken oder brechen könnte. Derglei­chen eventuellen Fällen aber kann durch geringe Aufsicht leicht vorgebeugt werden; und allzu besorgten Eltern kann es zur Er­mutigung dienen, dass Kindern durch übermässige Verzärtelung

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