Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1883

17 der wilden Knaben eine grössere Gefahr erblickt, als in der Lesesucht des zahmen. — Dass solche viellesende Kinder keinen rechten Appetit haben, dass sie mit Unlust an die ernstere Ar­beit gehen, dass sie mehr träumend als wachend umherwallen, dass ihr Schlaf durch phantastische Träume gestört wird und dass letzterer statt Körper und Geist zu erfrischen, nur Müdig­keit und Schlaffheit der Sinne und des Verstandes erzeugt, hat man leider nur zu oft zu erfahren die Gelegenheit gehabt, und deshalb wird jeder verständige Vater, jede sorgsame Mutter, das Lesen nicht zur Leidenschaft des Kindes werden lassen, sondern vielmehr jeder Zeit Sorge tragen, dass das Kind nicht darüber die für sein körperliches Gedeihen so nöthigen Bewegungsspiele versäume. Schliesslich aber mögen sie vor allem die goldene Regel: „Man halte sich an wenige, aber eitel gute Schriften!“ beachten und wie sie bei der Wahl der Gespielen und Gespielinen, der Freunde und Freundinen bedacht sind, seien sie es auch bei der Wahl derBücher, an welchen’die Kleinen alsbald ihre kleinen Freunde ge­funden haben, d;e sie lieben, und mit welchen sie sich in ihrer Gedankenwelt gerne und oft unterhalten. Und gleich wie die lebenden Freunde öfter miteinander verkehren, so lasse man dann die Kinder auch mit ihren „in der Phantasie“ lebenden Treuen, mit ihren Büchern öfter unterhalten. Haben sie das ihnen gebotene Buch bis zum Schlüsse gelesen, so lasse man es ihnen noch einmal zum Lesen, denn einem schönen Buche bleibt sein Wert, wen man es auch oft gelesen hat, und es ist in der Re­gel besser und zweckmässiger: „Ein gutes Buch zehnmal zu lesen, als zehn schlechte Bücher einmal.“ „Es ist ja nicht immer mög­lich, — sagt Diesterweg — sich zu einer Zeit des ganzen In­haltes einer Schrift vollständig zu bemächtigen, ihn iif Saft und Blut zu verwandeln, so dass wir ursprünglich Eigenthümliches und ursprünglich Fremdes nicht mehr zu unterscheiden vermögen. Oft fehlt dazu die Zeit, oft dem Geiste die dazu erforderliche Beschaffenheit. Darum findet man zu verschiedenen Zeiten oft ganz Verschiedenes in derselben Schrift.“ Jeder, der mit der Literatur lebt, hat doch seine Lieblings­schriftsteller, solche, mit denen er vorzugsweise harmonirt. (Auch das Kind hat die Seinigen!) Zu ihnen, den alten Freunden, kehrt man immer wieder zurück. Und welche Freude, welche man bei der Rückkehr fühlt,; man versteht sie jetzt noch besser, man entdekt nun neue, früher nicht wahrgenomme Schätze. Endlich müssen wir noch — wenn auch nur mit wenigen 2

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