Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1872
34 Elisabeth unter die Zahl der Heiligen versetzt zu sehen. Im November 1235 endete Andreas sein vielbcwegtes Leben und fand endlich Ruhe im Grabe. Die Regierung dieses Königs bildet einen in vieler Beziehung merkwürdigen Zeitabschnitt in der Geschichte des ungarischen Reiches. Adel und Geistlichkeit gingen aus dem Kampfe, den sie mit der Macht der Krone geführt, siegreich hervor. Die Niederlage der Letzteren ist nicht durchaus der Schwäche des Königs zuzuschreiben, als vielmehr in der zwingenden Nothwendigkcit der damaligen Verhältnisse begründet. Die seit der Zeit Stephan I. im Innern der regierenden Familie wüthenden Zwistigkeiten hatten den Prälaten und Baronen die günstigste Gelegenheit dargeboten, ihr Ansehen und ihren Einfluß auf Kosten der Krone fortwährend zu vergrößern. Von den fürstlichen Thronbewerbern hatten sie für ihre Hilfe bedeutende Vonechte und reiche Krongüter erhalten. Andreas selbst konnte nun diese Macht, die durch seinen Thronstreit mit Emrich noch bedeutend gewachsen war, bei dem besten Willen nicht mehr zügeln. Er sah sich gezwungen, dem Adel und der Geistlichkeit in der goldenen Bulle vom Jahre 1222 und dem Dekrete vom Jahre 1231 eine freiheitliche Verfaßung zu geben, welche die Macht der Krone schädigte und einen bevorzugten Stand zum Nachtheile des gewerblichen Fortschrittes unter der ungarischen Nation gesetzlich bildete. Willig und gerne bestättigte er aber den deutschen Colonien in Siebenbürgen durch sein goldenes Privilegium vom Jahre 1224 die ihnen von frühern Königen ertheilten Rechte zur Sicherung ihrer Selbstständigkeit und zur eigenen Unterstützung gegen die Uebermacht geistlicher und weltlicher Großen, um durch die Beschützung gebildeter Ansiedler die Cultur und Kraft seines Reiches zu erhöhen und die Krone zu schützen. So legte seine Regierung, wenn sie auch auf der einen Seite die Schwächung der königlichen Macht zulaßen mußte, doch andererseits den Grund, auf dem sich später das Gebäude bürgerlicher Freiheit im Sachsenlande erhob.