Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1862
19 selben nicht genug erheben und ihr Studium empfehlen. Es ist ja bekannt, welchen Unterschied er zwischen Dialektik und Rhetorik macht. Er sagt: „Die Dialecta ist eine hohe Kunst, redet einfältig, schlecht und gerecht; als wenn ich sage: Gib mir zu trinken, Rhetorica aber schmückts und sagt: Gib mir des lieblichen Saftes im Keller; das fein krause steht und die Leute fröhlich macht"*). Wenn wir diesem Systeme Luthers noch beifügen seine Ansichten über die Methode der Erziehung, so haben wir einen kurzen lieber- blick über seine pädagogischen Prinzipien. Die Methode aber soll dem Jüngling auch Zeit lassen, sich körperlich zu bilden im „Ritterspiel, mit Fechten und Ringen u. s. w., welches feine und geschickte Gliedmaß am Leibe macht und erhält ihn bei Gesundheit, mit Springen u. s. w.**) Die Schule soll ja eben für das Leben erziehen. Darum sollen die Jünglinge auch nicht abgeschlossen von der Welt erzogen werden, wie dieses bisher geschehen war. „Man soll die jungen Leute lassen hören und sehen, und allerlei erfahren; doch daß sie zur Zucht und Ehre gehalten werden. Das ist seine Ansicht f). Aber diese Ansichten zur Wirklichkeit zu erheben, ihnen durch gediegene Lehrbücher zu Hilfe zu fouimen, das vermockte Luther nicht; dazu batte er auch nach seiner eigenen Ansicht die wiffenschaftliche Bildung eben so wenig, wie die gehörige Zeit und Muße. Er war auf dem religiösen. Gebiete zu viel beschäftigt, als daß er es hätte thun können. Dieses Geschäft überläßt er einem andern Manne, zu dessen Füßen er wohl selbst saß, um sich in seinem sprachlichen Wissen zu vervollkommnen. Und es ist wohl eine Fügung Gottes zu nennen, einer jener zeitweiligen Eingriffe Gottes in die Geschicke der Menschheit, daß er seinem „auserwählten Rüst- zeuge" eine andere größere Kraft an die Seite stellt, welche seine Ansichten durch Herausgabe von geeigneten Lehrbüchern realisiren sollte. Und diese Kraft, welche die Ansichten Luthers praktisch durchführte und verwirklichte, ist Mclanchthon. Der vielseitig gebildete, alle Gebiete der Wissenschaft durchdringende und über alle gewaltige Geist dieses Mannes unternahm es, den Studirendcn Handbücher in die Hände zu legen, welche in der Fortbildung der Wissenschaft Epoche machend waren und lange Zeit nach- her als Muster galten. Ich meine besonders seine griechischen und lateini*) Raumer, o. c. O. S. 175. **) Raumer, a. o. O. I., S. 177. t) Raumer, a. o. O. S. 141. 2*