Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1862

17 zipien bic Universitäten einer gründlichen Reform bedurften — und dos war die Ansicht Luthers*) — so mußte vor allem- auf die richtige Be­handlung der heiligen Schrift und der Glaubenslehre großes Gewicht ge­legt werden. Nicht als ob vor der Zeit Luthers diese biblischen Wissen­schaften gar nicht getrieben worden wären. Sie wurden behandelt. Aber die Art ihrer Behandlung war eine ganz falsche, indem man nicht aus der reinen Quelle des Urtextes sondern nur aus der oft sehr fehlerhaften Uebersehung der recipirten Vulgata schöpfte. Ja diese Quelle wurde meist zu Seite liegen gelassen. Es ist ja eine bekannte Thatsache, wie sich die Theologen, besonders die Anhänger der verkommenen untergehenden Scho­lastik, auf große Belesenheit in den Kirchenvätern über die Maßen viel zu Gute thaten, wie das Bibelstudium vernachläßigt wurde über der falschen Art des Disputirens, wie es bei diesen Disputationen nicht dar­auf ankam, den tiefen Sinn des Originaltextes zu erörtern und verständ- llch zu machen, sondern nur darauf abgesehen war, den Gegner auf leere, spitzfindige Art zu überwältigen. Als Typus dieser verkommenen schola­stischen Methode, die Theologie zu behandeln, kann füglich angesehen wer­den jener prahlerische Gegner Luthers, Dr. Eck, welcher wohl aus Univer­sitäten herumziehen und in äußerlichen Schau- und Prunk-Disputationen sich bewundern laffeu konnte, der aber vor dem einfachen, schlichten Au­gustinermönche mit seiner tiefen Bibelkenntniß sich nicht behaupten und Stand halten konnte, sondern genöthigt warldiesem den Kampfplatz zu überlasten. So stark mit dem Worte Gottes bewaffnet hat er sich seinen Gegner nicht vorgesteüt; seine Beweisgründe sind ihm unerwartet und es bleibt ihm nichts anders übrig als seine Segel einzuziehen und seinem heftigen Zorn und Grimm Luft zu machen in jenen bekannten obscönen Schmähwortev. Luther sah wohl ein, daß ein derartiges Verflachen des biblischen Verständnisses, wie es damals herrschte, zu nichts führe, daß da­durch mehr geschadet als genützt werde, weil eben über dem Mittel der Zweck ganz außer Acht gelassen werde. Daher war sein hauptsächliches Bestreben darauf gerichtet, diesem Grundübel dkr damaligen theologischen Wissenschaft abzuhelfen. Dadurch aber wurde die Grundlage der Theologie eine ganz andere. Es mußte ein wesentlich anderer Grund gelegt, ein an­deres Moment der Bildung von ihm betont werden. Die Bibel im Grundtext rein und nicht verfälscht durch Uebersetzung oder Tradition wurde sein Wahlspruch; sic war der Stern, der ihm in der dunkeln Nacht *) Raumer, Äesch. b. Pädagogik. I., S. 168. 2

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