Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1862
15 Und hier ist es, roo ich nun von den resormatorischen Bestrebungen in Bezug auf die Stadtschulen zu sprechen habe. Wie ihr Zustand vor der Reformation war und was in ihnen gelehrt wurde, ist am leichtesten abzunehmen aus den Werken Luthers, in denen er denselben in ihrer großartigen Vernachläßigung schildert. Er sagt in der obenerwähnten Schrift*): „Was hat man gelernet in hohen Schulen und Klöstern bisher, denn nur Esel, Klötze und Blöcke werden? Zwanzig, vierzig Jahre hat einer gelernt und hat noch weder Lateinisch noch Teutsch gewußt", darum „es ist meine ernste Meinung, Bitte und Begierde-, daß diese Eselsställe und Teufelsschulen entweder in den Abgrund versänken, oder zu christlichen Schulen verwandelt würden." Und wie will er sie in solche verwandeln? Es sind wieder Knaben- und Mädchenschulen nebeneinander zu errichten. Denn er meint „es wäre die Ursach genugsam, die allerbesten Schulen beide für Knaben und Mägdlein, an allen Orten aufzurichten, daß die Welt auch ihren weltlichen Stand äußerlich zu halten, doch bedarf, feiner, geschickter Männer und Frauen. Daß die Männer wohl regieren könnten Land und Leute, die Frauen wohl ziehen könnten Haus, Kinder und Gesinde. Nun solche Männer müssen aus Knaben werden, und solche Frauen müssen aus Mägdlein werden: darum ist's zu thun, daß man die Knäblein und Mägdlein dazu recht lehre und aufziehe." Und vor allem anderen legt er hier das Hauptgewicht auf den Unterricht in den Sprachen. Ihren großen Nutzen beweist er an der heiligen Schrift und meint, daß das Evangelium nicht wohl erhalten werde ohne die Sprachen. „Die Sprachen sind es, durch die das Evangelium erhalten wird, sie sind die Scheide, darinnen dieses Messer des Geistes stecket. Sie sind der Schrein, darinnen man dies Kleinod trüget u. s. ro.**). Aber auch die andern Wissenschaften sollen nicht vernachlässigt werden. „Die Kinder sollen nicht allein Sprachen und Historien hören, sondern auch singen und die Musika mit der ganzen Mathematika lernen". Wenn man hiezu noch nimmt seine höchst dringenden Vorschläge zur Anlegung von öffentlichen Bibliotheken, so hat man ungefähr ein Bild von der Einrichtung dieser Stadtschulen, wie es Luther den Rathsherrn schildert, und zur sofortigen Durchführung anräth. Aber in den so eingerichteten Schulen, von wem werden die Kinder unterrichtet? Diese Frage mußte nothwendig die Reformatoren beschäftigen, *) Marheinecke a. o. €>,, S. 81. **) Marheinecke a. o. O., S. 86.