Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1861
11 auf den Lesetischen fittiger deutscher grauen jene Machwerke französischer Sittenlofigkeit zu finden waren, als auf einen überwundenen Standpunkt hindeuten könne. Damit das auch in unserer Mitte möglich werde, muß die Gymnasial-Bibliothek, die dem Lesebedürfniß eines größeren Kreises genügen soll, eine solche sein, die den berechtigten Anforderungen nach geistiger Unterhaltung und Belehrung Nachkomme, die den Mittelpunkt bilde, aus dem die Strahlen, nach den verschiedensten Richtungen dringend, in jedes Haus, wo man zu lesen wünscht, gute Bücher tragen, die, indem sie stärkende Stoffe für geistige Nahrung enthalten, die Sittlichkeit kräftigen, das Herz veredeln. Wenn solche Bücher in den Händen der Eltern, der Hausgenossen sich befinden, dann wird das wißbegierige Kind keinen Fehlgriff thun, wenn es das Buch in die Hand nimmt, das der Vater so eifrig gelesen, und die Mutter wird keine Veranlassung haben, mit dein Gefühle innerer Beschämung, geleitet von einem richtigen Takte, der Tochter das Buch zu versagen, mit welchem sie selbst sich so angelegentlich beschäftigte. Ist es also möglich, daß eine Schule auf ungezwungene Weise sich diese Einwirkung auf die sittlich-ästhetische Bildung eines weiteren, zu der Schule in engster Wechselwirkung stehenden Kreises verschaffen könne — damit auch in dieser Richtung in gleicher Weise wie in allen anderen Beziehungen des Unterrichtes und der Erziehung das Haus mit der Schule Hand in Hand gehe, — dann erwächst der Schule unseres Dafürhaltens nach die Verpflichtung, schon aus Gründen der Erziehung den Versuch zu machen, sich die Einflußnahme zu verschaffen. Noch zwingender wird die Verpflichtung dazu für eine Schule, welche sich für eine Trägerin des Deutschthums hält, wegen des Einflusses, den eine solche Bibliothek auf deutsch-nationale Belebung haben kann. Denn wo im deutschen Hanse der deutsche Classiker ein verehrter Gast ist, das deutsche Buch in deutscher Sitte, deutscher Biederkeit kräftigt, dort gibt man nicht Gold für Blei, dort bleibt man deutsch wie im Wesen so in der Form. Durchdrungen von der hohen Aufgabe, welche eine solche Bibliothek einerseits für die Zwecke der Schule, andererseits für die Bildungsbedürfnisse eines der Schule theueren weiteren Kreises habe, ging das Streben des Lehrkörpers dahin, eine solche zu begründen. Der Versuch schien das Gelingen um so leichter zu ermöglichen, als in den Mauern