Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)
Die mittelalterlichen Schwesternstädte
überwiegend ungarischen Plebejer verfügte das zu jener Zeit veröffentlichte Ofner Stadtrecht, daß nur derjenige Gutsbesitzer das Amt eines Richters bekleiden dürfe, der vier deutsche Großeltern nachweisen könne, ferner, daß der zwölfköpfige Stadtrat nur zwei ungarische Schöffen haben dürfe. Diese Verordnung ließ sich allerdings nicht verwirklichen. Schon in den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts ging das wohlhabende ungarische Bürgertum unter der Führung des königlichen Vizetavernikus (stellvertretenden Leiters des Tavernikalgerichts) György Budai zum Gegenangriff über. Den deutschen Patriziern gelang es aber, einen Teil der Plebejer mit dem Vizetavernikus zu entzweien und damit die ganze Bewegung zum Scheitern zu bringen. 1439 versuchten sie sogar, mit der inzwischen geschwächten ungarischen mittleren und oberen Bürgerschicht abzurechnen, nachdem sich diese nach dem Mißerfolg ihres Leiters György Budai von der Stadtpolitik endgültig abgewandt hatte. Die deutschen Einwohner wählten nun den ungarischen Tuchhändler László Farkas zum Stadtrichter, der als Schwiegersohn des schwerreichen Nürnberger Kaufmanns Ulrich Vorchtel die Rolle eines Vertrauensmannes der durch zahlreiche Fäden mit Süddeutschland verknüpften Ofener Patrizier spielte, dessen Abstammung aber zugleich die Gewähr bot, den nationalen Widerstand der ungarischen Führungsschicht zu brechen. Farkas wollte mit starker Hand die Ordnung wiederherstellen und ließ den neuen Führer der bürgerlichen Opposition, den Goldschmied Johannes, ermorden, worauf es in der Stadt zu einem offenen Aufstand kam. Nicht zuletzt unter dem Einfluß der antifeudalen hussitischen Ideen griffen die Plebejer gegen die Herrschaft der Patrizier zu den Waffen. In die Kämpfe schaltete sich auch der vom Papst gegen das Ketzertum aufgebotene Inquisitor Jakob von Marchia ein, der aber von den Bürgern mit dem Ruf „Gott ist mit uns“ fortgejagt wurde. Der Streit endete schließlich mit einem Kompromiß. Die patrizischen deutschen Tuchhändler schlossen mit der vorwiegend aus königlichen Beamten, aus Pferde- und Viehhändlern sowie aus einigen wohlhabenderen Handwerkern bestehenden ungarischen Führungsschicht einen Vergleich, um der Unruhen gemeinsam Herr zu werden. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Richter jeweils für eine einjährige Amtszeit abwechselnd aus den Reihen der ungarischen und der deutschen Patrizier gewählt, und im Rat waren beide Nationalitäten zu gleichen Teilen vertreten. Der neue Richter wurde der königliche Steuereinnehmer Dénes Kopácsi. Gemeinsam wurde eine neue Wahlordnung erarbeitet, welche die Alleinherrschaft des Patriziats verbürgte und die Aufnahme plebejischer Elemente in den Magistrat ausschloß. Bei Ablauf seiner Amtsperiode ernannte der Stadtrat alljährlich ein aus je fünfzig ungarischen und deutschen Bürgern zusammengesetztes hundertköpfiges Gremium, das am St. Georgstag, dem 24. April, die neuen Ratsmitglieder zu wählen hatte. Obwohl in das Wahlkomitee laut Statuten auch die Vertreter der Zünfte, d. h. der Handwerker aufgenommen werden mußten, fand der aus dem Amt scheidende Stadtrat offenbar Mittel und Wege, nur jenen Bürgern Zutritt in das erwähnte Gremium zu verschaffen, die ihre Stimmen zuverlässig entweder auf die früheren Ratsmitglieder oder auf Gleichgesinnte abgeben würden. Dieses Wahlsystem blieb bis 1529 in Kraft und gewährleistete bis zu diesem Zeitpunkt die ungebrochene Vormachtstellung des Patriziats. Es war somit kein Zufall, daß in diesem Zeitraum Johann Münzer neunmal, Johann Pemmfflinger achtmal und der Ungar Gergely Ádám mindestens siebenmal das Amt des Stadtrichters bekleidete. Auch der Kompetenzstreit zwischen den Pfarren wurde geschlichtet, indem die 1441 erfolgte endgültige Grenz-19