Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)
Dokumentensammlung
lindern, denn noch heute fehlen institutionelle, allgemein organisierte Maßnahmen. Die öffentlichen Behörden wollen durch freiwillige Spenden und Wohltätigkeitsaktionen zumindest Voraussetzungen für eine notdürftige Lebenshaltung derjenigen sichern, die dazu allein nicht in der Lage sind. .. .Der Winter 1931/32 stellte sowohl die Landesregierung als auch die Lokalbehörden vor schwere Aufgaben, denn mit der Arbeitslosigkeit hat auch das Elend zugenommen. ... Die elendlindernde Winteraktion der hauptstädtischen Verwaltung erstreckt sich auf insgesamt 22 verschiedene Hilfeleistungen, für die vom 1. November 1931 bis zum März 1932 4 300000 Pengő' veranschlagt wurden. Die Armenregister der Bezirksverwaltungen verzeichneten am 1. Oktober 1931 37051, am 1. Januar 1932 bereits 60 237, am 1. März 68 482 und am 1. Juni 1932 63 321 notleidende Familien, deren Unterhalt ausschließlich oder zum größten Teil nur durch öffentliche Unterstützungen gesichert werden konnte. Wenn wir diese Zahl mit der üblichen Kennziffer 3,5 multiplizieren, so ist die alarmierende Tatsache festzustellen, daß es in Budapest gegenwärtig 230 000 hilfsbedürftige Personen gibt, d. h. fast jede vierte braucht die Unterstützung der Behörden. Wenn wir die fünf Monate hindurch zur Notlinderung aufgewendeten Summen mit dieser Zahl vergleichen, kann man sagen, daß die Aktion noch nicht einmal das Lebensminimum sichern konnte, denn eine Familie erhielt im Durchschnitt in fünf Monaten 70 Pengő, d. h. pro Person 20 Pengő. Auf Tage umgerechnet bedeutet das durchschnittlich pro Familie 46 und pro Person 13 Fillér. Wohnung, Heizung, Kleidung und Essen gehören zu den elementaren Bedürfnissen jeder Familie, und aus den erwähnten, sehr niedrigen Durchschnittsziffern ist klar, daß die Stadtverwaltung nur zur Befriedigung des einen oder anderen Bedürfnisses beisteuern konnte. Infolge der permanenten Krisenverhältnisse sah sich die Stadtverwaltung, verbunden mit privaten Wohltätigkeitsaktionen, außerstande, die Not derjenigen, die über keinerlei Lebensunterhalt verfügten, wesentlich zu mildern. Die notlindernde Winteraktion der Stadtverwaltung bedeutete für die Notleidenden nur insofern eine Hilfe, daß sie im wahrsten Sinne des Wortes vor dem Hungertod bewahrt wurden, sie bedeutet aber nicht die Wahrung ihrer physischen Regeneration. Die ständige Schwächung des Organismus durch Hunger und Kälte und die Verminderung ihrer Arbeitskraft waren unausbleiblich. ... Die Lage wurde noch durch die Gefahr verschärft, auf die ich bereits in den Durchführungsbestimmungen vom 31. Oktober vorigen Jahres hinwies, und zwar die demoralisierende Wirkung, die die langfristige Unterstützung von Arbeitsfähigen ohne Gegenleistung mit sich bringt. Es ist zudem unmöglich, die Arbeitsscheuen aus dem Kreise der Unterstützten auszuschließen. Das ist für die Hauptstadt und die gesamte ungarische Gesellschaft eine nicht zu unterschätzende Gefahr, die auch das Frühjahr nicht verminderte. ... Für den noch vor uns liegenden Teil des laufenden Jahres kann von der veranschlagten Summe für elendlindernde Aktionen eine Person im Durchschnitt nurmehr täglich mit 7 Fillér rechnen. Diese geringfügige Summe kann selbst die auf das tiefste Niveau reduzierten Bedürfnisse nicht decken. A Magyar Szocialista Munkáspárt Párttörténetének Archívuma (Archiv des Instituts für Parteigeschichte der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei), 666. f 1/193213 120