Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Peter Csendes: Donauregulierung und Wienflusseinwölbung
77 schlagsgebiet von über 224 km2 auf. Konnten die Hochwasser daher überaus gefährlich werden, so stellten die Verunreinigungen eine ebenso große Gefahr dar: in vielen Orten gingen die Hauskanäle und Abwässer direkt in den Fluss. Regulierungsentwürfe gab es seit dem 18. Jahrhundert, entscheidend wurden jedoch erst Planungen des Wiener Stadtbauamt in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts. Eine Schwierigkeit dabei war, dass die Regulierung - wie beim Donaukanal - mit der Anlage der Stadtbahn eng verknüpft war. Der endgültige Plan wurde 1892 vom Gemeinderat angenommen. Im Westen der Stadt, in Weidlingau, wurde ein großes Hochwassersammelbecken angelegt, der Fluss von dort durch Stützmauern in ein regelmäßiges Bett gebracht, das auch, durch eine Mauer getrennt, eine Linie der Stadtbahn aufnahm. In den wichtigen Verkehrsbereichen Karlsplatz und Schwarzenbergplatz wurde die Wien überwölbt, um den Verkehrsfluss über die beiden wichtigen Ausfallsstraßen nach Süden (Wiedner Hauptstraße) und Osten (Rennweg) zu verbessern. Das Wienflussportal beim Stadtpark erhielt eine besondere architektonische Gestaltung durch Friedrich Ohmann, einen Mitarbeiter Otto Wagners. Die beiden großen Wienerwaldbäche Alser Bach und Ottakringer Bach, deren Verlauf die Innenstadt erreichte, wurden im stadtnahen Bereich schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kanalisiert und überwölbt. Die Donauregulierung hatte auf die Stadtentwicklung Wiens einen nachhaltigen Einfluss. War in Budapest der Strom das wichtige Verbindungsglied zwischen den beiden großen Stadtteilen, so war es in Wien nicht gelungen, die Donau näher mit dem Stadtzentrum zu verknüpfen, der Strom war viel mehr weiter weg gerückt worden. Als es 1903/1904 zu einer Stadterweitemng am linken Donauufer kam (21. Bezirk, Floridsdorf), erwies sich die Integration dieses Gebiets trotz intensiver Verbauung als schwierig. Verschiedene städtebauliche Projekte, die diesen Zweck verfolgten, kamen nicht zur Ausführung. Erst die jüngste Vergangenheit brachte eine entscheidende Veränderung. Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes wurde das Inundationsgebiet aufgelassen und das alte Strombett durch eine rund 20 km lange, im Durchschnitt 400 m breite künstliche Insel, die Donauinsel, geteilt. Die Bauarbeiten wurden 1972-1987 durchgeführt. Ein Einlaufbauwerk von der Nordspitze der Insel zum linken Donauufer schützt das so entstandene Entlastungsgerinne, die „Neue Donau“, die bei Hochwasser die Flut aufnimmt, sonst aber als Erholungsgebiet dient. Diese Nutzung, in Zusammenwirken mit exzellenten Verkehrsverbindungen, hat erst die Reintegration der Donau in die Stadt und die enge Einbeziehung der nördlichen Stadtteile, die derzeit ein bedeutendes Expansionsgebiet darstellen, bewirkt.