Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Eva Offenthaler: Die Wiener Bahnhöfe

144 gestaltete Vestibül mit Säulen aus geschliffenem Mauthausener Granit, Füßen und Kapitellen aus Salzburger Marmor. Verbunden wurden die beiden Geschosse durch ebenfalls reich gestaltete symmetrische, doppelläufige Aufgangstreppen. Den weitaus größeren Teil des Bahnhofgeländes nahm der Güterbahnhof ein. Hatte der ursprüngliche Bahnhof eine Gesamtfläche von 2,5 ha, so waren es um 1910 - nach mehrmaliger Erweiterung - etwa 79 ha. Zu dieser Zeit verfügte der Bahnhof über 75 km Gleise und 430 Weichen. Der Güterbahnhof umfasste 21 Gütermagazine, Warenhallen und gedeckte Lagerräume mit zusammen 16.000 m2 Lagerfläche, 325 Kohlenrutschen in fünf Kohlenhöfen, 16 Ladeperrons und Laderampen, Lagerräume für Massengüter und Kohlensendungen. Im Wagenpark waren 143 Schnell- und Luxuswagen mit elektrischer Beleuchtung durch Schnellladeakkumulatoren vorhanden. Ab 1890 hatte die Nordbahn einen eigenen Floridsdorfer Verschubbahnhof, und auch die Hauptlokomotivwerk­­stätte befand sich in Floridsdorf. 1944/45 wurde der Nordbahnhof, an dem ab 1943 Deportationstransporte abgefertigt wurden, durch Bomben zerstört. Die verbliebenen Reste des Gebäudes, das wegen seiner bizarren Architektur öfters als Filmkulisse genutzt wurde, wurden 1965 gesprengt. Kaiser-Franz-Josefs-Bahn Die Kaiser-Franz-Josefs-Bahn wurde 1870 mit der Verkehrsaufnahme nach Eger und Prag eröffnet. Sie schuf eine zweite Verbindung mit Prag und dem sächsischen Industriegebiet, förderte die Erschließung des Waldviertels und Südböhmens und sollte den Zugang zur Kohle des Pilsner Beckens sichern, womit man das Tarifmonopol der Nordbahn für Kohle brechen wollte. Die Kaiser-Franz-Josefs-Bahn drang als einzige Bahn mit ihrem Aufnahmsgebäude in die inneren Bezirke Wiens vor. Sie wollte ihren Wiener Endbahnhof ursprünglich bei Nussdorf bauen, während die Gemeinde Wien einen nahe der Altstadt gelegenen Standort verlangte. Schließlich wurde das Gebäude im 9. Bezirk am rechten Ufer des Donaukanals errichtet. Hinsichtlich des Reiseverkehrs wurde er einer der wichtigsten Wiener Bahnhöfe. Mit einer Länge von 1675 m bedeckte der Kaiser-Franz-Josefs-Bahnhof eine Fläche von nur 25 ha. Das Aufnahmsgebäude wurde nach Entwürfen der Prager Architekten Adalbert Ullmann und Anton Barvicius ausgeführt. Es übernahm 1872 den Verkehr und ersetzte damit zwei 1870 provisorisch errichtete ebenerdige Gebäude, ganz fertig wurde es jedoch erst ein Jahr später. Das Aufnahmsgebäude wurde nahezu gleichzeitig mit dem Nordwestbahnhof errichtet und wies eine ähnliche Gesamtdisposition auf. Die vordere Hauptfassade bestand aus einem historisierend gestalteten Bürogebäude. Vor der Bahnhofshalle befanden sich zwei eigentümliche stumpfe Türme, die an den ersten Prager Bahnhof erinnerten. Der gemauerte Giebel stützte sich auf zwei Halbkreisbögen. Mit seiner Ausbildung wich der Bahnhof von den

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