Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Eva Offenthaler: Der öffentliche Verkehr in Wien

129 wenig benützt. Ausschlaggebend dafür war neben den schon genannten Gründen die Tatsache, dass die Stadtbahn nicht tief genug in die Geschäftsviertel eindrang, dass ihre Haltestellen ziemlich weit auseinander lagen (rund 900-1.000 m), dass sie nur über hohe Treppen zugänglich und die Zugfolge nicht ausreichend dicht war. Überdies stellten die zu fast allen Linien parallel laufenden Straßenbahnen mit ihrem wesentlich dichteren Verkehr eine Konkurrenz dar. Im Sommer erwies sich die Benützung wegen der mit dem Dampfbetrieb verbundenen Nachteile (Hitze, schlechte Luft, insbesondere auf Tunnelstrecken) als unangenehm, im Winter hingegen wurde die Bahn wegen der geheizten Wagen von manchen bevorzugt. Internationale Bedeutung erlangte die Stadtbahn jedoch in architektonischer Hinsicht, ist sie doch untrennbar mit dem Namen Otto Wagners verbunden. Dieser war übrigens selbst einer der Schnellbahnprojektanten und hatte schon 20 Jahre vor dem tatsächlichen Stadtbahnbau als Mitglied eines Entwicklungskonsortiums eine Wientallinie geplant. Wohl als weltweit einziges Verkehrsmittel wurde die Wiener Stadtbahn von nur einem Architekten und seinen Mitarbeitern als harmonisches Ganzes durchgestaltet. Neben den Bahnhöfen stammten auch die 36 Stationsgebäude und alle sonstigen Anlagen wie Brücken, Galerien und Viadukte von Wagner. Sonstige Verkehrsmittel Das 1881 gegründete private Pferdestellwagenuntemehmen „Vienna General Omnibus Compagnie“ setzte 1905 erstmals Benzinautobusse ein, und zwar auf der Strecke Stephansplatz-Südbahnhof. 1908 wurde das Unternehmen von der Stadt erworben und als „Gemeinde Wien - Städtische Stellwagen­­untemehmung“ weitergeführt. Der Betrieb erfolgte zunächst mit Pferdeomni­bussen, bis man 1912 auf Benzinmotoré umstieg. 1907 testete die Gemeinde Benzinautobusse auf der Strecke Simmeringer Hauptstraße -Kaiserebersdorf, entschied sich aber für die Beibehaltung der Straßenbahnen. 1908 wurde die erste städtische Elektrobuslinie eingeführt, sie blieb bis 1938 in Betrieb. Auch Radfahrer wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts Teil des Straßenbildes. 1886 waren es in Wien etwa 250, 1887 schon 600, und 1896 waren bei der Wiener Polizei 13.000 Radfahrer gemeldet. „Durch die Masse der Bicyclisten ist es in den Wiener Straßen kaum mehr auszuhalten.“, beklagte ein zeitgenössischer Bericht. 1900 gab es nach Schätzungen 70.000 Radfahrer. Das Fahren war zunächst nur außerhalb des Wiener Polizeirayons oder auf eigenen Rennbahnen erlaubt, da das Rad wegen seiner Schnelligkeit eine permanente Belästigung und Gefahr darstelle. Erst 1885 wurden einige Straßen und Gassen freigegeben (gleichzeitig erfolgte die Einführung von Nummemtafeln und Fahrradprüfung), und 1898 durften sämtliche Straßen Wiens mit Ausnahme einiger kleiner Teilstücke befahren werden. Übrigens erhielten im selben Jahr auch Autos die Fahrerlaubnis in der Innenstadt, doch gab es 1897 in der gesamten Monarchie noch nicht mehr als 15 Automobile. 1905 existierten in

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