Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Eva Offenthaler: Wiener Brücken
101 Eva Offenthaler Wiener Brücken An der schönen blauen Donau lag Wien zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht, sondern eher neben ihr. Zuletzt war der Hauptstrom der Donau in der Babenbergerzeit an der Innenstadt vorbeigeflossen, doch schon im 14. und 15. Jahrhundert bemühte man sich vergeblich, den Strom an die Stadt zu binden. Der Hauptfluss der Donau verlagerte sich immer weiter nach Norden, in den Bereich etwa der heutigen Alten Donau, zurück blieb nur ein Nebenarm, der für die Versorgung der Stadt mit Salz, Bausteinen, Granit, Holz, Obst und Proviant auf dem Wasserweg genutzt wurde. Über Jahrhunderte hinweg bereitete aber die starke Versandung des späteren Donaukanals Schwierigkeiten, so musste beispielsweise unter Rudolf II. die Fahrrinne in 30-40jähriger Arbeit von Hand wieder ausgegraben werden. Im 19. Jahrhundert wurden allein in der Zeit zwischen 1824 und 1848 für Reparaturen 651.989 fl ausgegeben, zusätzlich für Brückenbauten 154.085 fl aufgewendet. Die Brückenbautätigkeit der Stadt konzentrierte sich auf den Donaukanal und den Wienfluss. Über den Donaustrom führten zu dieser Zeit nur die Taborbrücken, wie man die zwei hölzernen Brücken über dessen beiden Arme Kaiserwasser und die so genannte große Donau bezeichnete. Daneben gab es noch - ebenfalls hölzerne — Eisenbahnbrücken der Nordbahn. Eine wesentliche Änderung trat erst mit der Inangriffnahme der Donauregulierung ein, die gemeinsam von Staat, dem Land Niederösterreich und der Gemeinde Wien durchgeführt wurde. Sie verfolgte hauptsächlich zwei Absichten: die Sicherung der Stadt vor Überschwemmungen einerseits, zum anderen die verstärkte Nutzung der Donau als Verkehrsader. Schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurden diesbezüglich Pläne in verschiedenen Projekten niedergelegt, doch erst nach der großen Überschwemmung des Jahres 1862 drängte der Wiener Gemeinderat bei den staatlichen Stellen darauf, „den in viele Arme getheilten, weitab von der Stadt Wien und nutzlos für dieselbe dahinfließenden Strom in ein gemeinsames, der Residenzstadt nahe gelegenes Bett zu fassen, die Stadt durch die Erleichterung der Schiffahrt und durch die Anlage von ausreichenden und bequemen Landungsstellen zum Stapelplatz für Handel und Industrie zu gestalten und die Bewohner von der alljährlich wiederkehrenden, Leben und Eigenthum bedrohenden, in ihren Eolgen unberechenbaren Überschwemmungsgefahr für immerwährende Zeiten zu befreien"a 1 1 Zitiert nach: Maren Seliger - Karl Ucakar, Wien. Politische Geschichte, Teil 1, 553.