Ausstellungskatalog „Revolution 1848”
Thomas Kletečka: Einleitung zur Ausstellung
Ausstellung 3. März - 31. August 1998 u. '«»* tA desolate finanzielle Lage der Monarchie hinwies und jedwede Truppenaufstellung strikt ablehnte, wurde dem Feldmarschall eine schrittweise Mannschaftsaufstockung auf 80 000 zugestanden. Um die nötigen Geldmittel sicherzustellen, wandte sich Metternich - im Vertrauen auf die Solidarität der konservativen Mächte - an Rußland. Doch das Zarenreich bot, und das auch nur zögernd, bloß ein Darlehen von 6 Millionen Rubel an, eine Summe, die weit hinter den österreichischen Erwartungen blieb. Während die Verhandlungen über das russische Darlehen gepflogen wurden, nahm die Entwicklung an der Wiener Börse einen für die österreichische Regierung bedenklichen Lauf Und nachdem die Nachricht von den Pariser Februarereignissen Wien erreicht hatte, unterschritt der Kurs für österreichische Metalliques Anfang März den ominösen Kurs von 98. Die Folge war die Kündigung des Darlehens durch das Wiener Bankenkonsortium Dadurch sah sich Kübeck einer fast aussichtslosen Situation gegenüber. Da er sowohl Steuererhöhungen als auch eine weitere Inanspruchnahme des Staatskredits als unrealistisch verwarf, entwickelte er unter dem Druck der finanziellen Notlage reformistische Ideen. „So wie die Umstände sich leider gestaltet haben,“ führte Kübeck seine grundsätzlichen Überlegungen aus, „können einige Finanzkünste vielleicht auf ein oder zwei Monate Auskunftsmittel darbieten, welche aber ohne Rücksicht auf die politische Stellung und Zukunft des Reiches nur die Verlegenheit auf kurze Zeit verschieben, die eigentliche Gefahr aber für den Thron und die Monarchie steigern müssen.“ Als einzigen Ausweg aus der finanziellen Krise sah er eine neue, von den Ständen garantierte Anleihe über 60 bis 70 Millionen fl ; daß diese ständische Garantie politische Zugeständnisse bedingen mußte, war Kübeck durchaus bewußt, ja es war gerade das, worauf es ihm ankam, denn dieses ’’innige Verständnis der Stände mit der Regierung” würde seiner Meinung nach den Staatskredit wesentlich steigern. Kübecks Vorschläge stellten unter den konkreten Bedingungen eme scharfe Kritik am herrschenden politischen System dar, das gerade wegen des finanziellen Fiaskos modifiziert werden mußte. Es liegt der Schluß nahe, daß Kübeck nicht ohne Einvernehmen mit Metternich handelte, der allerdings in der Verständigung mit der ständischen Opposition- sprich: einige moderate Zugeständnisse an diese - nur eine erzwungene taktische Maßnahme sah, nicht aber die grundsätzliche Aufgabe seiner bisherigen Politik. Tatsächliche wurde nach zähen Verhandlungen in der Staatskonferenz, bei denen vor allem Erzherzog Ludwig eine ablehnende Haltung einnahm, beschlossen, Vertreter der Landstände der „cisleithamschen“ Reichshälfte nach Wien einzuberufen, damit diese gemeinsam mit der Regierung Lösungen für die „Bedürfnisse des Augenblicks“ berieten Diese Maßnahme, mit Allerhöchstem Handschreiben von 12.3.1848 sanktioniert, kam allerdings zu spät. Die Nachrichten über die europaweite revolutionäre Bewegung hatten inzwischen den reformistischen Teil des Bürgertums dazu ermutigt, einige Forderungen, wie Teilnahme an der Gesetzgebung und der Steuerbewilligung, zu erheben. Vertreter des Niederösterreichischen Gewerbeverems und des Juridisch-politischen Lesevereins, in denen diese Forderungen formuliert worden waren, wollten ihre Anliegen in der Sitzung der niederösterreichischen Stände am 13. März 1848 vortragen. Parallel dazu hatten aber auch die Wiener Studenten in einer Petition ihre Reformvorstellungen zum Ausdruck gebracht, die allerdings um einiges weitergingen: u.a. Presse-, Rede-, Lehr- und Lemffeiheit, allgemeine Volksvertretung und konfessionelle Gleichstellung vor dem Gesetz. Nachdem die Überbringer dieser Petition unverrichteter Dinge vom Hof zurückgekehrt waren, zogen die Studenten zum niederösterreichischen Landhaus, vor dem sich eine große Menschenmenge versammelte. In der Folge kam es im Sitzungssaal zu tumultartigen Szenen. Und unter dem Druck der Straße sahen sich die niederösterreichischen Landstände, denen sich noch andere Abordnungen angeschlossen hatten, gezwungen, die aufgestellten Forderungen der Regierung vorzutragen. Die ausweichenden Antworten, die sie erhielten, und der Aufinarsch des Militärs in der Stadt kulminierten in blutigen Zusammenstößen - es gab Tote und Barrikaden wurden emchtet. Die Unruhen gingen den ganzen nächsten Tag, hauptsächlich vor den Linien Wiens, weiter. Am 15. März 1848 wurde schließlich mit kaiserlichen Patent die weitgehende Annahme der vorgetragenen Forderungen bekanntgegeben. Nach dem Rücktritt Metternichs und seiner Flucht ms Ausland wurde eine neue Regierung eingesetzt. ©