1705 – Was vor 300 Jahren geschah…
Europa 1705
Europa 1705 Die Lage Europas im Jahr 1705 war wesentlich durch zwei große Konflikte, den Spanischen Erbfolgekrieg und den Nordischen Krieg, bestimmt. Das Testament des kinderlosen spanischen Habsburgers Karl II. zu Gunsten eines Enkels Ludwig XIV. und die Annahme dieses Testaments durch den französischen König riefen Befürchtungen wegen einer bourbonischen Universalmonarchie hervor, die zu einem Bündnis Kaiser Leopolds I. mit England und den Niederlanden und in weiterer Folge zum Krieg gegen Ludwig XIV. und seinen Enkel Philipp V. von Spanien führten. Schauplätze dieses Krieges waren ab 1701 Oberitalien, ab 1702 Deutschland und die Spanischen Niederlande, ab 1703 Spanien; daneben lieferten sich Spanien, England und die Niederlande einen Seekrieg im Mittelmeer und im Atlantik, der auch Aktionen gegen das amerikanische Festland mit einschloss. Gleichzeitig hatte mit dem Angriff Augusts des Starken auf Riga Ende 1699 der Nordische Krieg begonnen, in dem sich Karl XII. von Schweden anfangs gegen seine Gegner Dänemark, Sachsen-Polen und Russland siegreich behauptete und mit Stanislaus Leszczynski 1704 in Polen einen Gegenkandidaten gegen August den Starken aufstellen konnte. Das Kriegsjahr 1705 brachte noch keiner Seite ein entscheidendes Übergewicht. Süddeutschland war zwar seit Höchstädt von den Franzosen geräumt, aber in Bayern kam es zum Aufstand gegen die kaiserliche Besetzung. In Oberitalien konnte sich Prinz Eugen gegen die französischen Truppen nicht entscheidend durchsetzen, dagegen gelang in Spanien dem habsburgischen Thronprätendenten Erzherzog Karl die Eroberung von Barcelona und Valencia. In Polen waren Karl XII. und der von ihm eingesetzte König Stanislaus Leszczynski erfolgreich; die sich daraus ergebende Möglichkeit einer Unterstützung der aufständischen Ungarn stellte eine Bedrohung der habsburgischen Herrschaft dar. In dieser Situation bot der Tod Leopolds I. in manchen Bereichen die Möglichkeit eines Neubeginns und bedeutete somit einen unter Umständen wichtigen Einschnitt. In seiner langen Regierung hatte er bedeutende politische Erfolge erzielt und durch die Rückeroberung Ungarns die Stellung der Habsburgermonarchie als europäischer Großmacht gesichert. Verwaltung und Finanzen hatten mit dieser Entwicklung aber vielfach nicht Schritt gehalten; hier erwarteten sich politische Gruppen am Hof und vor allem die jüngeren Ratgeber von seinem Nachfolger Joseph I. ein aktiveres Vorgehen zur Stärkung des absolutistischen Staates. Die immensen Kriegskosten verhinderten jedoch eine Sanierung der Finanzen und verstärkten eher die Abhängigkeit von ausländischen Finanzmärkten. Große Summen bei Adel und Klerus verschlang auch die sich im Gefühl der Befreiung von der Türkengefahr