Österreich und das Heilige Römische Reich
INHALTSVERZEICHNIS - Karl Otmar von Aretin: Österreich und das Heilige Römische Reich deutscher Nation nach 1648
Auch nach der Anspannung aller Geldmittel war Leopold als Herrscher Österreichs nur imstande, eine Armee von nicht ganz 30 000 Mann aufzustellen. Sie sollte die spanischen Reichslehen in Italien, besonders das Herzogtum Mailand in Besitz nehmen. Es gelang zwar Prinz Eugen, mit seiner weit unterlegenen Armee mehrfach den Gallospaniern, wie die vereinigte französisch-spanische Armee genannt wurde, kleinere Niederlagen beizubringen. Mailand konnte er jedoch nicht erobern. Allzu lange hätte Österreich diese Armee nicht unterhalten können. Leopold I. hatte zwar dafür gesorgt, das Amt des Kaisers fest im Hause Österreich zu verankern und seinen Einfluss zu sichern. Als jedoch im spanischen Erbfolgekrieg die Machtfrage gestellt wurde, zeigte sich, dass Österreich ohne seine Verbündeten noch keine Achtung gebietende europäische Macht darstellte. II Der spanische Erbfolgekrieg hat das Verhältnis Österreichs zum Reich erheblich verändert. Mit dem Kampf um das spanische Erbe erweist sich der Aufstieg Österreichs zur europäischen Großmacht9. Am 5. Mai 1705 starb Kaiser Leopold I. Der Übergang im Amt des Kaisers auf seinen Sohn, Joseph I. war garantiert. 1690 hatten ihn die Kurfürsten zum Römischen König gewählt. Joseph I. war fest entschlossen, für Österreich alle Möglichkeiten, die das spanische Erbe bot, zu nutzen. Er umgab sich mit einem Kreis bedeutender Berater, wie Prinz Eugen, die Grafen Wratislaw, Sehern, Starhemberg, - um nur diese zu nennen —, mit denen er die Maßnahmen seiner Regierung besprach. Die Siege, die Prinz Eugen zusammen mit Marlborough im spanischen Erbfolgekrieg errang, brachten Frankreich an den Rand der völligen Niederlage. Der Tod Kaiser Josephs I. am 17. April 1711 veränderte die politische Lage. Auf einmal schien das Reich Kaiser Karls V. wieder zu erstehen. Der von den alliierten Mächten als König von Spanien vorgesehene Erzherzog Karl wurde im Oktober desselben Jahres zum Römischen Kaiser gewählt. An der Vereinigung von Spanien und Österreich in einer Hand hatten die Seemächte kein Interesse. Obwohl der Sieg über Ludwig XIV. in greifbare Nähe gerückt war, gelang es dem französischen König, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Karl VI. erlebte im Frieden von Utrecht, was sein Vater in den Friedensschlüssen von Nijmegen und Rijswijk hatte hinnehmen müssen. Die Seemächte gingen über die Wünsche von Kaiser und Reich hinweg. Spanien und die Kolonien gingen an den Enkel Ludwigs XIV. Die Erbrechte des Kaisers wurden mit den spanischen Niederlanden, dem heutigen Belgien, und in Italien mit Mailand und dem Königreich Neapel abgegolten. Die 9 Dazu vgl. Redlich, Oswald: Das Werden einer Großmacht. Österreich von 1700 bis 1740. Wien 1938; der auch auf die Verhandlungen Österreichs auf den internationalen Kongressen eingeht. Neben Redlich ist die Arbeit von Mecenseffy, Grete: Karls VI. spanische Bündnispolitik. Wien 1934 vielleicht die beste, ganz aus den Akten gearbeitete Studie zu nennen. 15