Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 30. (Budapest, 2016)
Miklós GÁLOS: Eine Taufgarnitur von Hans Jakob II. Baur in Ungarn. Neuzuschreibung und Provenienz eines Augsburger Ensembles
und das Gott dargebrachte Opfer zu erkennen. Der Pharao wird, während er Mose nachsetzt, von den Fluten des Meeres bedeckt. Es findet sich kein Hinweis auf den Besitzer. Wohl aber bezeichnet der übliche Stempel der Stadt Augsburg, nämlich die Zirbelnuss (Pinienzapfen), den Ort, die Buchstaben I.R. aber den Künstler. Wiegt neunundfünfzig (59) Lot,49 Jankovichs Eintrag übertrifft an Gründlichkeit bei weitem viele spätere Beschreibungen und lässt keinen Zweifel daran auf- kommen, dass es sich hier um die Odenburger Taufkanne handelt. Das auffälligste unter den angebrachten Meisterzeichen, jenes nämlich am Fuß der Kanne, kann, weil etwas abgerieben, leicht als „IR“ gelesen werden. Jankovich gab traditionsgemäß bei den Goldschmiedearbeiten deren Gewicht an. Seine Angaben sind oft, wie auch in diesem Falle, sehr präzise.50 Aber nicht nur Jankovich hat genau gemessen. Seine 59 Lot entsprechen den 3 Mark 11 Lot, die in den Ödenburger Inventaren des 18. Jahrhunderts angegeben werden. Jankovich begann mit dem Sammeln in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts. Leider wissen wir bei den Goldschmiedearbeiten in den wenigsten Fällen, wo Jankovich seine Gegenstände erworben hat. Seine übrigen Inventarbücher sind in dieser Hinsicht aufschlussreicher. Sicher ist jedoch, dass er die Taufkanne nicht unmittelbar von der Ödenburger Gemeinde erworben hatte. Jankovich stand in freundschaftlicher Beziehung mit dem damaligen Pfarrer der Evangelischen Gemeinde zu Ödenburg, dem gleichaltrigen Gottlieb Gamauf (1772-1841), der auch eine mehrere hundert Seiten umfassende, archivalisch fundierte Kirchengeschichte Ödenburgs verfasst hat. Im Falle eines Direktankaufes hätte Jankovich bei der Beschreibung, wie er es zu tun pflegte, bestimmt auf die Ödenburger Provenienz und die Funktion der Kanne hingewiesen. Wir müssen daher annehmen, dass die Ödenburger Gemeinde die Kanne zwischen 1772 und 1789 veräußerte und Jankovich sie im Kunsthandel erwarb. Die 1780-er Jahre waren für die Ödenburger evangelische Gemeinde von einem größeren Bauvorhaben bestimmt. In den Jahren 1782-1783 entstand die heutige Kirche der Gemeinde, welche den mittlerweile zu kleinen und überdies baufälligen Vorgängerbau ersetzte.51 Bislang haben wir in den Kirchenakten keinen Beweis dafür gefunden, dass der Verkauf der Taufkanne mit dem Bau zusammenhing. Der Verkauf eines nicht mehr benutzten und stilistisch ohnehin altmodischen liturgischen Gegenstandes liegt aber durchaus im Bereich des Möglichen. So versteigerte die Gemeinde Anfang des 19. Jahrhunderts einen Satz kirchlicher Textilien.52 Außerdem verschenkte die große Stadtgemeinde Ödenburg liturgische Gegenstände an kleinere Gemeinden, die nach dem Toleranzpatent Josephs II. ihre eigene Kirche bauen durften, so zum Beispiel 1786 an die Gemeinde zu Wolfs (ung. Balf, Ungarn).53 Von den 1772 auf gelisteten Goldschmiedewerken sind heute weniger als die Hälfte im Besitz der evangelischen Kirchengemeinde. In keinem Fall ist bekannt, wo diese Kelche und Hostiendosen von damals hingelangt sind - nur im Falle der Taufkanne des Hans Jakob Baur. Auch wenn die gegebene Trennung zweier eng zusammengehörender Gegenstände kein Idealzustand ist, liegt im Sonderweg der Taufkanne ein versöhnendes und besonders in Anbetracht der Ödenburger Kirchengeschichte bereicherndes Moment. Die Taufkanne befand sich eine Zeit lang in der Sammlung Miklós Janko22