Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 29. (Budapest, 2013)
Dóra REICHART: Die Karriere einer Frau in einem Männerberuf in der Zwischenkriegszeit. Das Werk der Innenarchitektin Zsuzsa Kovács in den 1920er und 1930er Jahren
modernen Tendenzen ihrer Zeit offenen Künstlerin weist auf die Vielzahl der zeitgenössischen Richtungen, auf das besonders spannende, komplexe geistige und künstlerische Metier hin, das in der Zwischenkriegszeit die Denkweise einer ganzen Generation bestimmte. Zsuzsanna Kovács wurde im Jahr 1902 in Budapest geboren. Ihr Wunsch, ihre Studien mit der Zeit als Architekturstudentin an der Technischen Universität in der ungarischen Hauptstadt fortzusetzen, schien fern und nur schwer realisierbar. Deshalb begann sie als mögliche Alternative im Alter von vierzehn Jahren, im Jahr 1916, eine Grundausbildung in der Fachabteilung für Innenarchitektur der Nationalen Ungarischen Königlichen Kunstgewerbeschule (Országos Magyar Királyi Iparművészeti Iskola).5 Ihre Berufswahl, die sich im Ungarn der Zwischenkriegszeit entfaltende Karriere als Frau, kann hinsichtlich der Innenarchitektur und des Möbeldesigns nicht wirklich als allgemein verbreitet bezeichnet werden. Es stimmt zwar, dass in dieser Zeit die Zahl derjenigen Designerinnen und Künstlerinnen, die ihre gewählte künstlerische Tätigkeit bereits berufsmäßig bzw. in Form eines eigenständigen Unternehmens ausübten, in Bezug auf Wohnung und Raumausstattung im weiteren Sinne sprungartig anstieg, sowohl was Keramik, als auch was Textilien und Goldschmiedekunst betrifft.6 Demgegenüber können jedoch Architektur, Innenarchitektur und das damit verbundene Möbeldesign in der Zeit als eindeutig von Männern dominierte Bereiche angesehen werden. Sogar für die uns allgemein bekannten, auch international bedeutenden Karrieren ist es in vielen Fällen charakteristisch, dass die Designerinnen in den Augen der Nachwelt im Schatten ihrer männlichen Kollegen (gegebenenfalls Künstlerkollegen oder sogar ihres Ehegatten) verblieben.7 Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass - abgesehen von frühen Ausnahmebeispielen — gerade in der hier behandelten Zeit die Voraussetzungen und Rahmen für diejenigen Ausbildungen geschaffen wurden, die auch für Frauen zugänglich waren. Was Ungarn betrifft, so war die Technische Universität bis zum Ende des Ersten Weltkriegs vor Frauen verschlossen. Die Kunstgewerbeschule war etwas nachsichtiger und öffnete sämtliche Fachabteilungen bereits im Jahr 1911.8 Bis zum Jahr 1915 finden wir jedoch in der Abteilung für Innenarchitektur9 lediglich einen Frauennamen in der Schülerliste: Es handelt sich um Edit Gyömrői, die als aktive Gestalterin der Avantgarde-Bewegungen in Ungarn bekannt ist und später als Dichterin und Psychoanalytikerin einen besonders reichhaltigen Lebensweg einschlug. Auf Grund der Dokumente scheint es so, dass das verstärkte Interesse für den Beruf im Kreis der Frauen im Jahr 1916 begann. Dies ist die Zeit, in der auch der Name von Zsuzsanna Kovács erstmals in der Namensliste der Mittelschule (also der Grundausbildung) auftaucht.10 Die ersten beiden Jahrzehnte der beruflichen Laufbahn von Kovács sind von einer besonderen historischen Zeit geprägt. Von einer komplexen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Periode, in der im Zusammenhang mit den Demokratisierungsprozessen, die zur Jahrhundertwende begonnen hatten, Stile und Richtungen besonders rasch auf einanderfolgten.11 Aus einem Lebenslauf von Zsuzsa Kovács ist bekannt, dass sie, nachdem sie infolge ihrer linken Ansichten und aus „rassischen“ Gründen die Kunstgewerbeschule im Jahr 1919 abbrechen musste, einige Monate lang ihre Studien als Privatschülerin von Gyula 86