Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 26. (Budapest, 2008)

Imre TAKÁCS: Opus duplex in der Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts und die höfische Kultur

identische Lösungen betrachtet werden. Die Seiten der Fassungen sind ähnlich der Krakauer Krone „A" emailliert, und das die Fassungen umgebende Rankengeflecht ist mit Figuren besetzt. Ein wesentlicher Unterschied besteht in den viel stärkeren Ranken, der plumperen Modellierung und in der Verzierung der größeren Kronenglie­derspitzen: Anstelle eines Adlers wiederholt sich in der Bekrönung der Plozker Krone eine Reiterfigur. Die heute nur noch auf einem Foto existierende vierte Krone dieser Gruppe wurde einst in der Schatzkammer der Kathedrale von Sevilla aufbewahrt. 34 Beim Betrachten des Fotos fällt auf, dass sie im Großen und Ganzen genau so stark an die Krakauer Kronen geknüpft ist, in erster Linie an die Krone „B", wie sie sich von ihnen unterscheidet. Die Ähnlichkeit be­steht vor allem in der natürlich leichten Modellierung der Rankenverzierung sowie in der Rolle der Adler mit ausgebreiteten Flügeln innerhalb des Dekorationssystems der Bekrönung. Die signifikanteste Ab­weichung zwischen den Krakauer Kronen und dem verschollenen Diadem aus Sevilla zeigt das Motiv der zentralen Steine. An dem letzteren ist der große Edelstein von einem Kranz aus winzigen Steinchen umgeben. Ähnliche Formationen hat der Meister der Krone auch um die Perlen ange­ordnet. Eva Kovács war es, die die mittelal­terliche Benennung dieses Edelsteinkranzes - cathonus in modumfirmalii - in den franzö­sischen Quellen aus dem 15. Jahrhundert identifizierte. 35 Bei einem Vergleich der vier Kronen scheint es, dass hinsichtlich der Art der Be­arbeitung, der naturalistischen Stilisierung der Rankenverzierung sowie der Leichtigkeit ausstrahlenden Ausführung der mit Adlern verzierten Bekrönung die Krone von Sevilla den Krakauer Kronen näher steht als dem Plozker Diadem. Auf letzterem verändern sich die aufgezählten Stilelemente in kon­servative und manieristische Richtung, was in der Formengestaltung der zwischen den Ranken auftauchenden menschlichen Gestalten und auch in ihrer schwer zu deu­tenden Rolle zum Ausdruck kommt. Während in den Figuren der Krakauer Krone „A" der neuesten Interpretierung nach eine der Geschichten des mittelalter­lichen Arthursagenkreises sozusagen in Form einer kontinuierlichen Erzählung wieder auflebt, kann man bei der Plozker Krone nicht von einem narrativen Zyklus sprechen, nachdem sich der Guss, der die gleichen fünf Gestalten beinhaltet, auf den größeren Kronengliedern wiederholt. Anstelle der narrativen Konzeption und der bildlichen Lesbarkeit wird ein Kontext gemieden, und das dekorative Übergewicht tritt in den Vordergrund. 36 Wir werden uns wohl kaum irren, wenn wir die Krakauer Kronen als die älteren betrachten. Die das Reliquiar aus Plozk verzierende Krone, die den gleichen Typ vertritt, halten wir für ein unmittelbar aus diesem Stil hervorgehendes, sich bei der Stilfolge aber in jeder Hinsicht auf Forma­litäten beschränkendes, zeitlich und genera­tionsmäßig entfernteres späteres Werk. Bei der Klassifizierung der Opus-duplex­Kronen kann man das bereits erwähnte Schmuckstück, dessen Fragmente auf dem Gebiete Rumäniens, am südlichen Abhang der Karpaten, in unmittelbarer Nähe der mittelalterlichen Grenze des ungarischen Königreiches zum Vorschein gekommen sind, nicht außer acht lassen. 37 Wie aus den fünf erhalten gebliebenen Grundplatten ersichtlich, setzte sich die Krone auf einma­lige Weise aus ungewöhnlich breiten Gliedern gleichen Maßes und gleicher Form zusammen; der Publikation zufolge exis­tieren keine Spuren von dazwischen liegen­den Gliedern. (Abb. 8) Diesem kann die

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