Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 26. (Budapest, 2008)
Imre TAKÁCS: Opus duplex in der Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts und die höfische Kultur
mäßige Kontur verleihen würde. Das Streben nach einer freien Komposition des gegossenen Rankenwerkes kann man wenn auch nicht in dieser Version wie bei den erwähnten Scheiben - noch an einem anderen Kunstwerk wahrnehmen. Es handelt sich hierbei um ein 1980 bei einer Ausgrabung in Goranu (Rumänien) gefundenes Kronenfragment aus Gold, das lange Zeit von der Forschung außer Acht gelassen worden war.' 5 (Abb. 8) Auf die Verbindung dieses Fragmentes mit dem von den Scheiben vertretenen Stil verwies erstmals Etele Kiss im Katalog zu der 2007 in Budapest veranstalteten Ausstellung „Mongoleneinfall". 16 Er war es, der bemerkte, dass die von dem gleichen Fundort stammenden Kronenglieder und die mit deren Maßen übereinstimmenden gegossenen Rankenzierden zusammengehören. Es sind fünf mit Scharnieren verbindbare Grundplatten zum Vorschein gekommen, deren Applikation abgefallen ist und von denen ein vollständiges Stück und zwei Fragmente bekannt sind. Auch hier handelt es sich ganz offensichtlich um eine auf eine glatte Grundplatte applizierte, durchbrochene Rankenzierde, die - wie aus der intakten Applikation hervorgeht - mit Drachen besetzt war, auf dem oberen Teil aber ist auch eine von Ranke zu Ranke schreitende Figur, die einen Bogen spannt. (Abb. 9) Das Rankenwerk folgt genau der Zackenbogenform der Grundplatte, zum Befestigen dienten winzige Ösen. Die aus dem oberen Teil der Krone diagonal herausragenden spitzen Zinken erinnern an die perlenhaltenden Stäbchen der Zichy-Scheiben, ihre Rolle kann sich kaum von letzteren unterschieden haben. Die Randlinie ist ziemlich ungenau, hier kann nicht die Rede von einem die Ranken in die Grundform zwängenden Rahmen sein. Sicher hängt dies auch damit zusammen, dass die Scharniere, die die einzelnen Kronenteile verbinden, nicht an der Applikation, sondern am Rand der Grundplatte angebracht sind. Das Diadem von Goranu nimmt durch diese Eigenart in der Gruppe der Kronen, von denen unten noch die Rede sein wird, eine einmalige Stellung ein. Im Zusammenhang mit der auch auf dem Kronenfragment von Goranu vorkommenden, naturalistischen Rankenornamentik und den sich darin einfügenden Figuren muss man sich auf ein Beispiel herausragender Qualität dieses Stils berufen, auf das aus der Jankovich-Sammlung stammende, große, fast intakte Schmuckstück mit Pfau im Ungarischen Nationalmuseum, das 1808 in Bajna bei Gran (Esztergom) gefunden wurde. 17 (Abb. 10) Das Rankenwerk mit Tiergestalten, das sich über die kreisrund geschnittene Grundplatte erhebt, bildet abweichend von den Mantelscheiben und den Londoner und Budapester Fibeln mit isolierten Ornamenten - ein in sich selbst zurückkehrendes, kontinuierliches Muster, einen geschlossenen Rahmen. Wenn man die Form der Rankenzierden der Mantelscheiben mit einer Kuppel vergleichen würde, so ist diese Variante - wie Irene Hueck feststellte - eher gewölbeartig. Das 9. Männliche Figur auf der Krone aus Goranu, Bukarest, Museul National de Istorie a României