Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 24. (Budapest, 2006)

Orsolya BUBRYÁK: Inter arma silent Musae - „Geheimnisse" eines Brettspiels aus dem 17. Jahrhundert

Kampfereignissen herausgegebenen Gedenk­münzen als Vorlage. Sehr oft bildeten aber auch die zwischen Mann und Frau ausgetragenen „Kämpfe" das Thema, bei denen das Sujet hauptsächlich der Mythologie entnommen wurde, wie zum Beispiel die Liebesabenteuer Jupiters, Neptuns und anderer Götter, oder aber bekannten Szenen aus der Bibel, wie Simson und Delila, Judith und Holofernes usw. Die im Druck erschienenen weitverbreiteten Emblem­bücher wiederum stellten die bildkünstlerische Vorlage dafür dar. Unter Hinzuziehung von Münzen wurden spektakuläre genealogische Programme zusammengestellt, wie zum Bei­spiel bei dem zur Glorifizierung Ferdinands I. aus Holz geschnitzten Brettspiel im Kunsthisto­rischen Museum Wien, auf dem ein Reiterporträt Ferdinands I., Porträtmünzen seiner bedeutend­sten Ahnen, aber auch Bildnisse von den größten Herrschern der Weltreiche (Alexander der Große, Cyrus und Ninus) dargestellt sind." Einen wichtigen Bestandteil des ikono­graphischen Programms bildeten die zum Brettspiel gehörenden Steine, die anfangs aus Holz geschnitzt und seit dem 16. Jahrhundert nach dem Vorbild der Münzprägung in Holz­presstechnik angefertigt wurden. Auf den Spielsteinen waren im 16. Jahrhundert noch hauptsächlich Porträts berühmter Herren und Damen, Fürsten und Herrscher. Allerdings im 17. Jahrhundert, Dank der sich mehr und mehr verbreitenden Mode von Kriegsgedenk­münzen, wurden die Münzdarstellungen auch in dieser Kunstgattung immer häufiger verwen­det. 1 " All das inspiriert dazu, die bildkünst­lerischen Quellen des Brettspiels an erster Stelle unter den Darstellungen der Emblem­bücher und Münzen zu suchen. Das vorstehend behandelte Brettspiel, das eher in der Art seiner Ausführung (eine tex­tilbespannte und reich bestickte Holzplatte) von den weitaus häufiger vorkommenden Varianten mit Holz-, Edelstein- oder Elfen­beinintarsie abweicht, unterscheidet sich nicht von den oben beschriebenen Brettspieltypen. Die Ränder des Brettspiels beziehungsweise die das Spielfeld bedeckende Seide sind mit gestickten Emblemen und anderen Komposi­tionen verziert. Die Ränder der Seiten für das Dame- und Mühlespiel sind mit Trophäen aus türkischen Standarten (Abb. 3), das Spielfeld selbst mit Jagdszenenemblemen in ovalen Feldern, von einem Kranz aus Lorbeer umran­det, bereichert. Um die Embleme herum sind auf einem rosafarbenen Band mit Silberfaden lateinische Verszeilen aus winzigen Buchsta­ben gestickt, an den Rahmenecken sind ital­ienische Inschriften. Auf den bestickten Innen­seiten, auf denen Puff-Pasch gespielt werden kann, sind auf dem die Spielfelder trennenden breiten Streifen von Lorbeerkränzen umrandete Embleme und dazu gehörende lateinische Texte; der verzierte Brettspielrahmen wiederum ist mit den Gestalten der neun Musen bestickt. Die Verzierung des Brettspiels birgt zahlrei­che Hinweise in sich, aufgrund derer man ­wenigstens auf den ersten Blick - theoretisch „Geschichte", Ort und Zeit seiner Anfertigung oder sogar auch die Person des Auftraggebers bestimmen könnte. Neben den ikonographi­schen Elementen (Embleme, Kampftrophäen, Musen) und der Ornamentverzierung ist das Brettspiel auf eine selten vorkommende Art und Weise noch mit Textquellen bestickt, was alles zusammen bei der Interpretierung des Gegenstandes behilflich sein könnte. Und doch konnte die Geschichte dieses kleinen Meister­werkes trotz der vielen möglichen Anhalts­punkte bis heute noch nicht enträtselt werden, im Weiteren folgt eher nur ein Versuch, sie zu beleuchten. Embleme und Trophäen Auf dem Rahmen an den äußeren Seiten des Spielbrettes sind in acht ornamentumrandeten Kartuschen Kriegstrophäen dargestellt, die aus Standarten, Waffen, Fahnen, Musikinstrumen­ten und Zelten zusammengestellt sind. Die her­vorgehobene Darstellung von Kriegstrophäen ließ - ungeachtet dessen, dass Hinweise auf das Kriegshandwerk bei der Verzierung eines Brettspieles überhaupt nichts Ungewöhnliches sind, denn auch hier kämpfen die Gegner miteinander - bereits bei den ersten Analysie­rungen die Annahme aufkommen, dass der Auftraggeber dieses Brettspieles - oder diese

Next

/
Oldalképek
Tartalom