Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 21. (Budapest, 2002)
Réka SEMSEY: Eine bislang unbekannte Arbeit von Wilhelm Jakob Seberth in Ungarn. Die Meßkleidgarnitur von Erzbischof József Batthyány in der Schatzkammer der Erzdiözese von Kalocsa
dürften ebenfalls Altäre oder kleine Andachtsbilder gewesen sein. 69 Die Quelle zur Darstellung der Palla dürfte Carlo Dolcis beliebtes, oft kopiertes Gemälde des Segnenden Christus gewesen sein. Sowohl das Originalgemälde als auch seine Kopien waren auch als Nachstiche und kleine Andachtsbilder beliebt. 70 Die Vorlage für das Jesuskind an der Bursa dürfte ein kleines Andachtsbild oder das Bild einer Gnadenstatue gewesen sein. Bei der Interpretation der Meßgewänder und ihres Zubehörs muß man freilich zusammen mit den Hauptszenen auch die Inschriften und die ergänzenden kleinen Bilder berücksichtigen. Die nachdrücklich hervorgehobene Darstellung von Seberths Kasel in Kalocsa ist die Darbringung Jesu im Tempel an der Rückseite, weil bei der Meßfeier diese für die Gläubigen sichtbar war. Die Szene und sämtliche Details der narrativen Darstellung des Abschnitts im Evangelium dienen der Vorführung des historischen Ereignisses, entsprechend den traditionellen ikonographischen Typen. Besonderen Nachdruck erhalten in der Komposition das Jesuskind und Simeon, der das Kind hochhält, die übrigen Personen sind diesem Hauptmotiv angepaßt, um diese beiden Figuren gruppiert. Wie im Bild von Rubens gleichen Temas erhalten in der Darstellung der Kasel die Begegnung Simeons mit dem Erlöser und seine Prophezeiung den größten Nachdruck. Auf die Reinigung Maria verweisen die beiden Opfertauben im Käfig, gehalten von Joseph, der an einer weniger betonten Stelle rechts im Bilde kniet, ferner die Kerze in der Hand des Tempelknechts im Hintergrund. Die Prophetin Hanna erscheint ebenfalls entsprechend den ikonographischen Taditionen im Hintergrund des Bildes. Die Inschriften der beiden Medaillons verweisen auf den Schauplatz der Szene, das Allerheiligste im Tempel und auf die Bundeslade. Die Vase neben Maria kann als ein Mariensymbol eingesetzt sein, wie Maria in der Lauretanischen Litanei mit „geistliches Gefäß", „ehrwürdiges Gefäß" und „vortreffliches Gefäß der Andacht" angeredet wird. Auch die oberen Darstellungen gehören in den Sinnzusammenhang der Darbringung im Tempel und des Meßopfers. In der Hauptszene wird das Kind Jesus als Opfer dargebracht, in der oberen Szene opfert er sich selbst auf, und sein Opfer wird von Gottvater angenommen. Dieses Opfer wird in der Messe vergegenwärtigt. Darauf bezieht sich die Inschrift: „Ecce Agnus Dei qui tol lit peccata mundi" - die Worte Johannes des Täufers über Jesus, zitiert nach dem Johannesevangelium (Joh 1,29). Die Geste des Täufers richtet sich in der Komposition über die Worte Agnus Dei hinweg auf den gekreuzigten Christus, verweist also auf das Meßgebet „Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt..." Das Lamm erscheint in konkreter Gestalt gemäß den Offenbarungen Johannis auf dem Buch mit den sieben Siegeln (Offb 5). Im Zentrum des oberen Teils der Darstellung steht der Kelch, in dem das Blut Christi aufgefangen wird und über dem die Hostie im Strahlenkranz erscheint, darüber schwebt die Taube des Heiligen Geistes. All diese Hinweise auf das Meßopfer werden noch durch die zu beiden Seiten der Architektur dargestellten Engel mit Weintraube und Weizengarbe als Hinweis auf Brot und Wein gestärkt. Eine der Quellen war wohl das Aufopferungsgebet der Messe Suseipe Sancta Trinitas. 71 Nach Zoltán Szilárdfy beschwört die Szene Darbringung Jesu im Tempel auch das Gebet Suscipe Domine des heiligen Ignatius von Loyola. 72 Die Darstellung der Verkündigung gehört zum traditionellen ikonographischen Typ. Die Inschriften (auf zwei Spruchbändern, die von Engeln gehalten werden) sind die Grußworte des Engels nach dem Evangelium: „Ave Maria gratia plena" (Gegrüßest seist du, Maria, voller Gnade). Die Inschrift des Gesimses der Architektur: „Ecce ancilla Dei" (Siehe, die Magd des Herrn) ist die Antwort Marias auf die Verkündigung. Die einzige Schwierigkeit der Interpretation bereitet die Erschließung der Quelle für das Jesuskind auf dem Globus über dem Gesims der rahmenden Architektur. Die Inschrift „Verbum caro factum est" (Das Wort ist Fleisch geworden, Joh 1,14) bezieht sich eindeutig auf die Menschwerdung Christi in Maria in der Szene der Verkündigung. Im Mittelalter